Der Größte Lump im ganzen Land

Unsere Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat am 26.04 ein Interview bei dem Radiosender Radio Eins gemacht, in dem erneut jede Kritik an ihren Plänen zur Internetzensur zurückwies, und die Gelegenheit nutzte um auf ihre Kritiker einzudreschen, anstatt mit Sachargumenten für ihr Anliegen einzutreten.

Eigentlich nichts Neues also, aber dieses Mal hat sie zu einem Tiefschlag ausgeholt, der selbst einer CDU-Politikerin im Wahlkampf unwürdig ist.  Folgendes Zitat stammt aus dem Interview:

Wir wissen, dass bei den vielen Kunden, die es gibt, rund 80 Prozent die ganz normalen User des Internets sind. Und jeder, der jetzt zuhört, kann eigentlich sich selber fragen, wen kenne ich, der Sperren im Internet aktiv umgehen kann. Die müssen schon deutlich versierter sein. Das sind die 20 Prozent. Die sind zum Teil schwer Pädokriminelle. Die bewegen sich in ganz anderen Foren. Die sind versierte Internetnutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in diesem widerwärtigen Geschäft.

Indirekt bezichtigt Frau von der Leyen hier jeden Internetnutzer, der in der Lage ist einen DNS-Server einzustellen -von ihr als “versierte Nutzer” bezeichnet, wobei man darüber geteilter Meinung sein kann, ob man für das Auswählen eines DNS-Servers “versiert” sein muß- als Nutzer von Kinderpornographie. Natürlich sagt Frau von der Leyen nicht, daß jeder “versierte Nutzer” auch ein Pädophiler ist, damit böte sie eine Angriffsfläche für Verleumdungsklagen, und dumm ist sie ja nicht. Aber sehen wir uns die Aussage mal an:

Wir wissen, dass bei den vielen Kunden, die es gibt, rund 80 Prozent die ganz normalen User des Internets sind.

Dieser Satz sagt inhaltlich erstmal gar nichts aus, weil Frau von der Leyen mit keinem Wort sagt, was denn ein “normaler” Internetuser sei. Der geneigte Hörer soll sich aber erstmal angesprochen fühlen.  Die Benutzung des Wörtchens “normal” bereitet dabei den Boden für das was kommt. Ginge es um eine neutrale Unterscheidung zwischen einfachen Usern, und den “versierten” Usern, diejenigen also die eine Ahnung davon haben, was hinter den Kulissen passiert, hätte man hier von “gewöhlichen” und “versierten” Nutzern sprechen können. Von der Leyen benutzt aber das Wort “normal”, was impliziert daß es auch “unnormale” User gibt, ein Wort das eher negativ konnotiert wird.

Nun geht es weiter:

Und jeder, der jetzt zuhört, kann eigentlich sich selber fragen, wen kenne ich, der Sperren im Internet aktiv umgehen kann. Die müssen schon deutlich versierter sein.

Hier definiert sie, was denn die “unnormalen” User sind. Gleichzeitig erzeugt sie beim Zuhörer ein mulmiges Gefühl, diese “versierten” Nutzer seien ja irgendwie unheimlich. Dem  Zuhörer fällt jetzt vielleicht der nette Stundent von nebenan ein, der immer den Drucker repariert. “Habe ich den vielleicht schon mal mit meinen Kindern allein gelassen?” soll sich dieser Hörer jetzt fragen.

Mit diesem mulmigen Gefühl im Bauch, holt sie nun die Keule raus, indem sie dieses vage Unbehagen bestätigt:

Das sind die 20 Prozent. Die sind zum Teil schwer Pädokriminelle. Die bewegen sich in ganz anderen Foren. Die sind versierte Internetnutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in diesem widerwärtigen Geschäft.

Die 20% sind also “zum Teil” schwer pädokriminell. Die Wortwahl “zum Teil” impliziert wiederum einen ziemlich großen Teil dieser 20%. Angesichts des Verhältnisses von pädophilen Straftätern zur Gesamtbevölkerung würde “einige Wenige” die Realtät besser darstellen. So entsteht jedoch der Eindruck, das müßte schon ein beachtlicher Teil sein, bleibt aber vage genug, um sich jederzeit herausreden zu können. Die kurzen nebensatzfreien Sätze, die immer mit einem Personalpronomen beginnen drücken dabei Sicherheit aus: Hier geht es um Fakten, Frau von der Leyen weiß genau wovon sie spricht, soll uns das sagen.

Die Verwendung des Wortes “Die” in den Folgesätzen erfüllt aber noch einen anderen Zweck: Es ist nicht ersichtlich, ob sich die folgenden Sätze auf die 20% “versierter Nutzer” oder auf die “zum Teil schwer Pädokriminellen” beziehen.

So entsteht beim Hörer das mulmige Gefühl, der computerbegeistere Nachbar sei mit einiger Wahrscheinlichkeit auch so ein Kinderschänder.  Das erzeugen dieses Gefühls ist immer geeignet das Klima für Denunziation und üble Nachrede zu schaffen. Ich bin gespannt, wann -wie bei der Terrorismusdebatte- der Aufruf kommt, “verdächtiges Verhalten” den Behörden mitzuteilen. Die Saat eines solchen Aufrufs zur Denunziation schlummert jedenfalls in den Aussagen unserer Familienministerin. Passenderweise ist dies ein Schlag gegen all ihre Kritiker, denn es sind ja genau diejenigen, die nach der Definition von Frau von der Leyen, “versierte Internetnutzer” sind, die am lautetsten Kritik an ihren Plänen äußern. Es ist, meiner Meinung nach, anzunehmen, daß Frau von der Leyen ihre Worte mit großer Sorgfalt gewählt hat, um ihre Kritiker zu diffamieren.

Die Hexenjagd ist eröffnet.

“Der Größte Lump im ganzen Land, ist und bleibt der Denunziant” (Hoffmann von Fallersleben)

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2 Kommentare zu „Der Größte Lump im ganzen Land“

  1. [...] die uns als Vergewaltigter von Kindern stigmatisiert, bekannt sein. Zur Erinnerung, Zensursula setzte hierzu den Startschuss: Das sind die 20 Prozent [alle die sich der Zensur entziehen wollen, also wir]. Die sind zum Teil [...]

  2. [...] starker Tobak, was die SPD da rauslässt, und kann getrosst in eine Reihe gestellt werden, mit den Äußerungen einer Ursula von der Leyen.  Laut Herrn Fischer, von der SPD-Fraktion ist also nun jeder, der [...]

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