Archiv für die Kategorie ‘undefinierbares’

Ein kleiner Schritt

Während die deutsche Blogosphäre gerade die Dämmerung des Internet durch den JMStV herbeischreibt, machen die Australier gerade vor, wieso wir unseren Blick eigentlich in Richtung Brüssel auf Censilia richten sollten.

Die Australier haben nämlich auch ein Netzsperrengesetz gegen Kinderpornographie. Nicht nur sind dort die Provider angehalten Seiten auf der Sperrliste zu sperren, wer auf eine geblacklistete Seite verlinkt, muss mit einem Bußgeld von AUS $11000 rechnen; pro Tag an dem der Link online ist.

Auf der Sperrliste der Australier stehen zur Zeit offiziell 1³70 Seiten. Die meisten davon enthalten, nach Angaben des Online-Magazins TechRadar in Australien illegale Pornographie, was in diesem Fall praktisch alle kommerziellen Angebote  mit pornographischem Inhalt umfasst, da in Australien zwar der Besitz vor Pornographie legal, der Handel aber illegal ist.

Der jüngste Zugang am Wochenende: Wikileaks. Die Seite wurde zwar bereits am Montag wieder von der Liste entfernt, weil entsprechender Protest durch die Medien ging, aber das Beispiel zeigt, wie kurz der Weg von Kinderpornosperren zu politischer Zensur ist.

Wenn Wikileaks wegen der Veröffentlichung der US-Botschaftsdepeschen gesperrt werden kann, wieso dann nicht auch die Zeitungen, die mit Wikileaks zusammengearbeitet haben, also der  britische Guardian und die New York Times sowoe der  der Spiegel? Einen Grund zum Blacklisting wird man finden, und sei er noch so an den Haaren herbeigezogen.

Laws should be like clothes. They should be made to fit the people they serve.

(Clarence Darrow)

Freiheit statt Angst – 2010

Leider erscheint mir die Resonanz auf die Aufrufe zur diesjährigen FSA geringer zu sein, als bislang. Dabei sind die Themen aktuell wie eh’ und je:

  • An der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung wird noch gewerkelt
  • Censilila beerbt Zensursula
  • Per SWIFT werden unsere Bankdaten an die USA übermittelt
  • Nacktscanner…

Es hat sich also nicht viel geändert, ausser, dass unser neuer Innenminister Thomas De Maizière mehr Kreide frühstückt als Herr Schäuble.

Deshalb: Am 11.09.2010 13:00h, Postdamer Platz in Berlin

I’m tired of malicious articles slandering me.

Netzpolitik meldet, dass der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland eine einstweilige Verfügung gegen das Blog Xtranews erwirkt hat. Xtranews hatte mehrere Gutachten veröffentlicht, deren Anlagen nach Ansicht der Autoren von Xtranews Hinweise enthalten, dass Sicherheitsmängel bei den Fluchtwegen bekannt waren. Dabei kommen die Stadt Duisburg und die Veranstalter wohl nicht immer ganz gut weg.

Die Stadt hat das Gutachten selber veröffentlicht, allerdings ohne die Anhänge. Die Stadt Duisburg hat nun, unter Berufung auf §97 UrhG eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es Xtranews verbietet die Texte weiter zu verbreiten.

Es ist anzunehmen, dass die Stadt Duisburg damit nicht durchkommen wird, an der Veröffentlichung der Dokumente besteht ja unzweifelhaft ein überragendes öffentliches Interesse, schließlich hat die Öffentlichkeit, allen voran natürlich die Betroffenen und ihre Angehörigen, das Recht zu erfahren, was da schief gelaufen ist.

Die einstweilige Verfügung zu beantragen ist da  -vorsichtig ausgedrückt- eine ungeschickte Taktik. So entsteht der Eindruck, die Stadt Duisburg wolle hier etwas verschleiern. Nach dem schlechten Eindruck, den das Krisenmanagement in großen Teilen der Öffentlichkeit hinterlassen hat, ist das eher kontraproduktiv.

Hinzukommt nun, dass die gerichtlichen Schritte das öffentliche Interesse an den Dokumenten noch steigern werden. Hier ist ein massiver  Streisand Effekt praktisch vorprogrammiert.

Ich werd’ mich mal mit dhuett abstimmen (der dieses Blog betreibt, und daher den Ärger bekäme, wenn Herr Sauerland weiter klagen will),  und die Dokumente ggf. dann hier auch verlinken.

Nachtrag: Eben erfahre ich, dass die Stadt Duisburg, die einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Köln erwirkt hat, anstatt naheliegender Weise das Duisburger Landgericht anzurufen. Irgendwie kommt da schon der leise Verdacht auf, dass man sich dort bessere Chancen ausrechnet, da das Kölner Landgericht sich in der Vergangenheit ähnlich bemüht hat der Pressekammer des Landgerichts Hamburg das Wasser zureichen -zumindest was die feindselige Haltung gegenüber der Meinungsfreiheit in Pressesachen angeht, wie Udo Vetter in seinem Law-Blog feststellt.

Wie man Online Zeitungen verkauft

Vor einiger Zeit hatte ich hier darüber berichtet, welche Probleme es mit dem Online-Abo der Zeit gab. Im Detail: Ich wollte die Zeitung gerne auf meinem iPhone lesen, konnte aber das DRM-geschützte Format erst durch viele Umwege auf das iPhone bekommen, nur um dann festzustellen, dass die DRM-Methode von Adobe, die hier zum Einsatz kommt, von keiner Anwendung unterstützt wurde.

Dank eines Leserhinweises konnte ich mir mit dem Programm Txtr behelfen, dass aber immer noch mehrfaches herauf- und herunterladen erfordert, und -gelinde gesagt- etwas unhandlich ist.

Das zwischenzeitliche Erscheinen des iBook-Apps hat an dieser Situation auch nicht viel geändert. Was allerdings vorrangig am Dauerstreit zwischen Apple und Adobe liegen dürfte.

Schon kurz nach meinem Blogbeitrag erhielt ich allerdings eine Mail von einem Herrn Heise, von der Zeit, der versprach, sich um das Problem zu kümmern.

Und was soll ich noch sagen: Herr Heise hat Wort gehalten! Seit letztem Donnerstag können Abonenten des Online-Abos der Zeit neben der bisherigen PDF-Version, die ePub Version der Zeitung ohne DRM-Schutz herunterladen. Damit ist die Abhängigkeit von Adobe Digital Editions nicht mehr gegeben. Wer das Adobe-Programm weiterhin nutzen möchte kann das natürlich tun, ich habe die Zeitung aber auch mit Callibre, Stanza und Apples iBooks App problemlos öffnen können.

Anders als bei Txtr, funktionieren nun auch Links und das Inhaltsverzeichnis richtig und es lassen sich beliebige Bookmarks setzen und Textteile markieren, so dass dem mobilen Lesegenuss nichts mehr im Wege steht.

Damit steht die Zeitung jetzt ihren Lesern in der PDF- sowie in der ePub Form uneingeschränkt zur Verfügung, womit der allergrößte Teil der Lesegeräte abgedeckt sein sollte. Das beide Formate offene Standards sind, ist ein Pluspunkt, denn ich nicht unerwähnt lassen will.

An dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an Herrn Heise, der sich die Mühe gemacht hat, meine -und sicher auch die Kritik von anderen Lesern- anzuhören, und die Probleme und Wünsche der Leser ernstzunehmen.

Kabelvåg

Küste von Kabelvåg

Küste von Kabelvåg

Skrova

Hafeneinfahrt

Hafeneinfahrt

Svolvær

Aussicht von ienem Berg in Kabelvåg

Aussicht von einem Berg in Kabelvåg

United Breaks Guitars – Das Finale

Ich hatte ja schon über die ersten beiden Songs berichtet, die Dave Carroll nach seinen Erlebnissen mit United Airlines veröffentlicht hat. Nun hat er sein Versprechen eingelöst, und den dritten und letzten Song veröffentlicht. Diesmal geht es nicht darum, dass er Ersatz will (Carroll hat inzwischen von United, denen die Sache wohl langsam peinlich wurde, Ersatz für seine zerstörte Gitarre bekommen), sondern darum, dass eine Menge Menschen ihm in Briefen und E-Mails von ähnlichen Erlebnissen berichten.

Carroll, der im Song eingesteht, dass der Vorfall -und vor allem die Songs bei YouTube- seiner Karriere einen ordentlichen Schub verschafft hat, wünscht United in ihren Bemühungen den Kundenservice zu verbessen alles gute, mahnt aber an die guten Vorsätze auch umzusetzen denn, “who would be left to fly with you?”.

Dave Carroll hat übrigens noch ein witziges Video darüber gemacht, wie die großen US-Kabelfernsehbetreiber den kleinen Lokalsendern das Wasser abgraben:

Wir haben ja nichts gegen Homosexuelle, aber…

Einen besonders krassen Fall von Homophobie beschreibt Cory Doctorow auf boingboing: Der Itawamba County School District (Missisippi) hat einen Schulball abgesagt, nachdem es zu einem Streit mit einer 18-Jährigen Schülerin gekommen war, nachdem diese gefragt hatte, ob Sie ihre Freundin mit zum Ball bringen könne.

Für alle die sich in amerikanischer Jugendkultur nicht so auskennen: Ein “Prom”, kurz für “Promenade” ist ein -meist am Schuljahresende gefeierter Ball, der -ähnlich dem deutschen Abschlussball, in formaler Kleidung (die Herren im Smoking, die Damen im Abendkleid) gefeiert wird. Diesen Abschlussbällen kommt traditionell für die Beteiligten große Bedeutung zu, stellt der Ball doch für viele einen Höhepunkt des Schuljahres dar. Üblicherweise erscheint man zu sowas mit Begleitung, und das Finden des oder der richtigen Begleitung ist Thema unzähliger Highschool- und Coming-Of-Age Filme aus Hollywood.

Der Eklat ergab sich nun, weil McMillen hat sich  an die Schulbehörde gewandt, und um Erlaubnis gebeten hatte, ihre Freundin mitzubringen, und einen Smoking tragen zu dürfen. Die Schulbehörde ließ kurz darauf ein Memo an den Schulen verteilen, aus dem hervorging, dass schwule und lesbische Paare nicht an der Veranstaltung teilnehmen dürften. Als McMillen sich daraufhin an die Leitung ihrer Schule wandte, ließ man sie wissen, dass man ihr nicht erlauben würde einen Smoking zu tragen, dass sie ihre Freundin nicht mitbringen dürfe, und dass sie damit rechnen müsse, des Saales verwiesen zu werden, wenn sie und ihre Freundin an dem Ball dennoch teilnähmen.

Nachdem McMillen sich an die American Civil-Liberty Union gewandt hat, ist der Fall letztendlich  vor Gericht gegangen. Die Schule ließ den Ball bereits nach dem Forderungsschreiben der ACLU komplett  absagen. Der Ball wird nun von Schülern und Eltern ausgerichtet.

Am 23.03.2010 entschied das Bundesgericht von Missisippi, dass die Regelungen der Schulbehörde gegen die Grundrechte von McMillen, und allen anderen homosexuellen Schülern verstosse. Das Gericht hat die Schulbehörde jedoch nicht verpflichtet den Ball dennoch auszurichten; allerdings nur deswegen, weil die Schüler und Eltern schon soviel Zeit und Geld investiert hätten einen eigenen Ball auszurichten, und das Gericht davon ausgehe das McMillen und ihre Freundin eingeladen seien.

In der 12-seitigen Urteilsbegründung heisst es:

“The record shows Constance has been openly gay since eighth grade and she intended to communicate a message by wearing a tuxedo and to express her identity through attending prom with a same-sex date. The Court finds this expression and communication of her viewpoint is the type of speech that falls squarely within the purview of the First Amendment. The Court is also of the opinion that the motive behind the School Board’s cancellation of the prom, or withdrawal of their sponsorship, was Constance’s requests and the ACLU’s demand letter sent on her behalf.”

Es ist ja bekannt, dass Missippi im sog, Bible Belt liegt, aber der ganze  Vorgang mutet schon sehr mittelalterlich an. Einen guten Eindruck nach aussen macht das jedenfalls nicht.

Update: Offensichtlich hat es den “rechtschaffenen Bürgern” von Itawamba, Missouri nicht gereicht Ms. McMillen von dem öffentlichen Ball abzuhalten. Über den Mädchenblog erfahre ich gerade, dass man die angekündigte Ersatzveranstaltung geheimgehalten hat, damit McMillen nicht an der Veranstaltung teilnehmen kann, und McMillen zu einem falschen Ort gelost. Das ist einfach nur noch gemein. Leeza vom Mädchenblog stellt in den Kommentaren zu recht, dass es nur noch gefehlt hätte, sie -wie bei Stephen Kings “Carrie” mit Schweineblut zu überschütten.

Ich wünsche Ms. McMillen und ihrer Freundin jedenfalls, dass sie einen Studienplatz an einem der großen Colleges im Norden der USA finden, wo man ihre sexuelle Orientierung eher akzeptiert. Dass man die Betonköpfe in ihrer Heimatstadt noch ins 21. Jahrh. befördern kann, befürchte ich, wird ein frommer Wunsch bleiben.

Aufstand der Wikipedia-Gartenzwerge: Eine Vulva auf der Hauptseite

Die deutsche Wikipedia hat gestern den Artikel “Vulva” inkl. Foto als Artikel des Tages auf der Hauptseite präsentiert. Die Popcorn taugliche Diskussion hierzu hat der Wikipedia Autor “Chuck die Bohne” treffend kommentiert:

Wenn da mal nicht eine riesige Diskussion von prüden, denkt an die Kinder schreienden, besorgten, angewiderten, christliche Werte verteidigenden Spießern über das Bild auf der Diskussionsseite statt findet, war der erste Gedanke als ich das Bild zum Artikel Vulva auf der Startseite gesehen habe … Et voilà … hier ist sie! Unglaublich!… was hier abgeht! Liebe Spießer, dieses Körperteil haben ca. 50% aller Menschen weltweit (vorwiegend Frauen) und es ist vollkommen natürlich, sogar angewachsen und es ist auch vollkommen natürlich auf diesem Foto abgebildet. Wer sich daran aufgeilt dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Erotik findet zu großen Teil im Kopf statt und für manch einen sind normale Körperteile (z.B. Füße) oder andere Gegenstände (z.B. Nylonstrümpfe) erregend. Was soll dann noch alles nicht gezeigt werden? Kinder sollten normalerweise sowieso nicht alleine ohne Aufsicht im Internet surfen (doch, sollten sie – anm. evildaystar) und Sexualkunde und damit Bilder der Vulva sind Teil des Grundschullehrplans bei Kinder im 3. Schuljahr. Bei manchen Benutzern hier habe ich das Gefühl das ein paar Stunden Sexualkunde nicht schaden könnten um mal ein “normales” Bild des Menschlichen Körpers zu bekommen. Nackte Menschen und deren Körperteile sind nicht Ekelhaft oder müssen versteckt werden! Wir sind hier nicht in den USA.

Doch, die Wikipedia wird in der USA gehostet und in der Diskussion wird deutlich, dass die überwiegende Mehrheit der Kommentatoren Sexualkunde-Seiten aus Schulbüchern reißen würde … galt die Wikipedia nicht mal das Symbol für freie Wissensvermittlung!?

Lavalampe funzt bei 3 G

… und damit wissen wir dank Neil Fraser, dass Lavalampen auch auf dem Jupiter funktionieren. Aber noch viel dankbarer bin ich für die neue Argumentationslinie  bzgl. weit gestreuter Hardware-Trümmerfeldern in der Wohnung: “Immerhin wird kein Zimmer durch eine Zentrifuge blockiert”.

Sex and the Spiegel

In Spiegel-Online erschien am 20.02. unter der Rubrik “Uni-Leben” ein Beitrag über züchtige US-Studentinnen von Gregor Peter Schmitz.  Es geht dabei um eine Bewegung von ultra-orthodoxen Protestanten, die ihre Kommilitonen von den angeblichen Vorteilen eines keuschen Lebens überzeugen will, und dabei noch behauptet, dies sei das feministische Ideal. Die Gruppe True Love Revolution geht dabei mit Flyern und recht aggressiven Bekehrungsmethoden vor, weshalb sie bei Mitstudenten im traditionell eher etwas entspanntern Nord-Osten der USA nicht so gut ankommt.

Der Spiegel ziztiert in diesem Artikel auch die US-Bloggerin Lena Chen, die in den USA vor allem mit Ihrem Blog Sex and the Ivy, in dem sie recht freizügig über das Sexualleben der Havardstudenten (mitunter auch ihr eigenes) berichtet, und selbstbewusst feministische Ansichten vertritt. Chen, die selber deutsch spricht, hat den Spiegel-Artikel in ihrem Blog hefig kritisiert:

I was reading along happily until I got to the paragraph about me, which includes a reference to my “ultrakurzen Minirock” that excites the boys on campus. That means “ultra-short miniskirt”. Wait … why are they talking about my clothing choices? And where are these ultra-short miniskirts, because Cambridge, Massachusetts is sure as hell not the ideal place to wear them. (I may have been deluded about this my freshman year, but I — and my hemlines — have long since grown up.)

Lena Chen vergleicht den Artikel weiterhin mit in der Tat sehr sexistischen Äußerungen, die über sie in den amerikanischen Medien verbreitet wurden. Im ersten Moment dachte ich noch: “Das läßt sich doch nicht vergleichen!”

Ich habe den Artikel daraufhin nochmals gelesen, und muss feststellen, dass Chen mit ihrer Kritik durchaus recht hat. Obwohl Schmitz sich bemüht, sie als fortschrittliche Angehörige einer post-feministischen Avantgarde zu zeichnen, bedient er sich dazu zutiefst sexistischer Klischees:

Sex-Genießer wie die Soziologiestudentin Lena Chen hingegen, die einen Blog über ihr Liebesleben schreibt und mit ihrem ultrakurzen Minirock mindestens den männlichen Teil der Campus-Population verzückt, meinen: Eine starke Frau solle sich gerade nicht fürs voreheliche Vögeln schämen. “Es ist unrealistisch, dass mir jede Person, mit der ich Sex habe, wirklich wichtig ist”, sagt Chen. “Sex fühlt sich einfach gut an.”

Was hat Lena Chens Kleiderwahl, oder ihr mutmaßlicher Erfolg bei den männlichen Kommilitonen denn mit dem Thema (letztlich geht es religösen Fanatismus) zu tun? Als ernsthaften Leser interessiert mich doch, was Chen zu den Umtrieben ihrer Komilitoninnen zu sagen hat, und nicht, was sie dabei anhat. Es bleibt bei diesem Absatz der Beigeschmack des Sensationsheischenden, das Lena Chen auf ihre sexuelle Aktivität reduziert, ohne wirklich auf ihre politischen Ansichten einzugehen. Ich bin sicher sie hat mehr dazu zu sagen, als “Sex fühlt sich einfach gut an!”

Für Lena Chen kommt hier vermutlich hinzu, dass in den USA eine andere Einstellung gegenüber Sexualtiät gepflegt wird: Chens Ansichten gelten dort vielen als radikal, während bei uns jeder sagt “Ist doch ganz normal”. Andersherum können die kruden Ideen von True Love Revolution, den meisten Europäern eher ein mitleidiges Lächeln abringen, als eine gesellschaftliche Debatte.  Dass Chen sich deshalb von der Wortwahl in eine Schmuddelecke gerückt sehen könnte, muss man zumindest in Erwägung ziehen. Als Autor in einem Online-Magazin sollte man aber daran denken, dass die Personen, die man zitiert, den Artikel später vielleicht selber lesen.

Wo wir aber schon dabei sind: Die Hauptperson im Artikel, ist die Co-Präsidentin von True Love Revolution, Rachel Wagley. Über sie heißt es im Artikel:

Denn die hübsche 20-Jährige mit den langen braunen Haaren fungiert als Co-Präsidentin von “True Love Revolution”, einer kleinen Gruppe von Harvard-Studenten, die sexuelle Enthaltsamkeit vor der Ehe propagiert.

Warum ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass es sich bei Wagley um eine “hübsche 20-jährige, mit langem braunen Haar” handelt? Neben dem Artikel ist ein Bild von ihr, da kann  ich selber sehen, dass sie hübsch ist, dass muss nicht noch mal extra gesagt werden. Vielmehr vermeint dieser Satz ein Motiv untermauern zu müssen, dass direkt nicht angesprochen ist: Das Wagley nämlich tatsächlich aus religösen Motiven handelt, und nicht etwa weil sie 40 und fett und häßlich sei, und deswegen sowieso keinen Sex bekäme. “Fünf Mark in die Chauvikasse bitte!”, an dieser Stelle. Mit Verlaub, dass finde ich im Kern noch sexisitischer als die Bemerkungen über Lena Chens Kleidung. Und vermutlich hat Georg Peter Schmitz diesen Sexismus in seinem Artikel überhaupt nicht bemerkt. Den ansonsten manchmal sogar überkritischen Bloggerinnen vom Mädchenblog jedenfalls, ist er auch nicht aufgefallen. Das mag natürlich daran liegen, dass sie Wagleys kruden Thesen ablehnend gegenüber stehen, und sich daher mehr mit ihr, als mit Georg Peter Schmitz’ Text befassen.

Lena Chen sei gesagt: Ihr Zitat wird in Deutschland durchweg positiv aufgenommen, und ich vermute die meisten Leser und Leserinnen des Spiegel werden ihren Aussagen über das selbstbestimmte Leben von Frauen zustimmen. Egal wie sie sich kleidet.

An open letter to Alexa Gonzalez

In der New York Daily News bin ich auf einen Artikel gestossen, in dem es um einen neuen Auswuchs des “Nanny-State” in den USA geht. Folgendes hat sich in der  Russel Sage Junior High School in Forest Hills im New Yorker Stadtteil Queens abgespielt: Die 12-jährige Alexa Gonzalez hatte während einer Spanisch-Stunde aus Langeweile mit einem Textmarker auf ihrem Tisch herumgekritzelt. Soweit, so unspanned. Auch das sie dabei von einem Leherer erwischt wurde, ist nicht ungewöhnlich, und schon gar keinen Blogartikel wert. Was dann geschah, ist allerdings erstaunlich. Anstatt dem Mädchen eine Strafe aufzubrummen (z.B. die Tische im Klassenraum von Gekritzel zu säubern), ging das ganze an direkt an die stellvertretende Schulleitung. Diese rief umgehend die Polizei, die dann kam und das Mädchen festnahm. Am Ende wurde die 12-jährige in Handschellen (sic!) eskortiert von mehreren Beamten aus der Schule abgeführt, und auf der Wache in eine Zelle gesperrt, in der sie mehrere Stunden ausharren musste.

Inzwischen hat die Stadtverwaltung zwar zugegeben einen Fehler gemacht zu haben, die Schuldirektorin verteidigt das Verhalten der Schule und der Behörden jedoch weiterhin.

Ich dachte mir, das kommentiert man am besten in Form eines offenen Briefes:

Dear Alexa,

through Twitter and the internet, I heard of the incident at your school, that most certainly scared you half to death.

Reading the text in the New York Daily News, my first reaction was a bit like “What?”, and then “Excuse me, WHAT?” First of all, you are not the first student to doodle on your desk, a lot of students do that. I did that when I was at school, and from the layers of black ink on the desk, there where many before me. And yes, I was caught, and spent an amazingly boring 3 hours scraping 5 generations of students signatures from desks in my class room. But I never was arrested for it.

I started to ask myself, what went wrong there. The problem had to go through the hands of at least 4 people: Your teacher, the headmaster (sorry, I think you call them “principals” in the States), the police officer who took the phone call, and the officer who arrested you. And not one of the people stopped and asked themselves: “Wait: Aren’t we slightly overreacting here?” None of them said to any of the other: “Let the girl clean up the desk and give her an afternoon in detention, but don’t bother me!”

So what went wrong? This was not a chain of mishaps, this is a fundamental flaw in the system. To quote Shakespeare  (pretty lame, uh?): “Something is rotten in the state of Denmark”. I came up with different thoughts on what that is. The most obvious thought that sprung into my mind was : Would this have happened to you, if your name was, say.  Rebecca Simpson, instead of Alexa Gonzalez and you were a blond middle-class girl? Probably not, since there still is a lot of  racism under the surface, even if people aren’t aware of it. So if you were from “different heritage” (that’s a nicer way to say ” a white middle-class brat”), you might have gotten away with a bit of detention.

The other thought I had was, that it has to do with the state of mind people are in, ever since 9/11: Everyone is only thinking the worst of anyone else. So scribbling on your desk is no longer a sign of childish horseplay, but an indicator of juvenile delinquency. That is an alarming development, a clear sign towards a world in which no one can be trusted, and everybody is an enemy. It’s a world I don’t want to live in, and I am certain, you wouldn’t either.

On the question, what you have learned from your exprience, you answered to the newspaper: “I definitely learned not to ever draw on a desk.” I hope you learned more than that., I hope you learned that your generation has to make it better in the future, and succeed were my generation so miserably  failed: To make this a world that is not overwhelmed by their fear of themselves or their own children, but people trust each other, and allow them to make mistakes sometimes.  Stand up for it!

kind regards,

Alex

Audism is Alive

Die Initiative Nachrichtenaufklärung hat die Top 10 der von den Mainstream-Medien in 2009 vernachlässigten Nachrichten veröffentlicht. Auf Platz 8 findet sich ein Thema, dem in der Tat nicht viel Aufmerksamkeit zu Teil wurde: In einem großen Teil der Schulen für Gehörlose wird die Gebärdensprache nicht unterrichtet. Stattdessen versucht man den gehörlosen Schülern die Lautsprache beizubringen.

Nun ist es unbestritten so, dass das beherrschen der Lautsprache für Menschen von Voteil ist, die sich in einer Welt zurrechtfinden müssen, die keine Gebärdensprache beherrscht. Nun schließt das eine, das andere aber auch nicht aus; auch Hörende lernen in der Schule in der Regel mindestens zwei verschiedene Sprachen.

Die Argumente gegen die Gebärdensprache sind dann auch andere: Gehörlose sollen sich nicht in der Bequemlichkeit der Gebärdensprache einrichten, da sie dadurch nicht motiviert würden, Sprechen zu lernen, und sich mit der Welt der Hörenden auseinander zu setzen. Außerdem würde das verwenden der Gebärdensprache die Kommunikation behindern, weil die Gebärdensprache nur eine “Hilfskonstruktion” sei, die die Lautsprache nicht ersetzen könne. Außerdem wird oft argumentiert, die Benutzung der Gebärdensprache stigmatisiere die Gebärdenden, weil sie sofort als Gehörlose identifiziert werden könnten.

Diese Auffassung wird gemeinhin als Audismus bezeichnet; ihr liegt eine Vorstellung zugrunde, die dem Gehör eine besondere Wertschätzung zukommt, und dementsprechend Gehörlose oder Hörgeschädigte Menschen als bedauernswerte Behinderte sieht, die fremder Hilfe benötigen um Leben zu können.

Diese Vorstellung geht auf die aristotelische Vorstellung zurück, dass Lautsprache eine notwendige Voraussetzung des Denkens ist, was impliziert, dass nicht sprechende Menschen auch des Denkens nicht mächtig sind. Daraus wird dann gefolgert, dass die Gebärdensprache, bei der es sich nicht, wie bei der Braille-Schrift für Blinde, um ein künstliches Sprachsystem, sondern um eine natürliche Sprache handelt, keine vollwertige Sprache, sondern allenfalls ein Notbehelf ist.

Daraus resultieren einige systematische Diskriminierungen Gerhörloser im Alltag, beginnend mit der Tatsache, dass die Gebärdensprache erst seit 1992 in Deutschland als eigenständige Sprache anerkannt ist, bis hin zur Verweigerung des Gebärdenunterrichts in Schulen.

Tatsache ist jedoch, dass die Deutsche Gebärdensprache eine “vollwertige” Sprache ist, mit Grammatik, Semantik und Vokabeln. Man kann in ihr über das Wetter ebenso sprechen, wie über Teilchenphysik.  Gehörlose Menschen sind keineswegs isoliert, es gibt eine reiche Kultur innerhalb der Gehörlosen-Community, von Dichtung bis zu derbem Humor. Es sind eher wir Hörenden, die sich auf diese Kultur nicht einlassen mögen. Und das vielgehörte Argument, dass Gebärden in der Öffentlichkeit würde die Betroffenen stigmatisieren ist ebenfalls vor allem ein Problem der Hörenden.

Für uns Hörende ist es ungleich einfacher, die Gebärdensprache zu erlernen, als es für einen Gehörlosen ist, die Lautsprache zu erlernen. Statt die Gebärdensprache zu unterbinden, sollten die Schulen den Kreis ihrer Schüler zu erweitern, und Hörende mit einzubeziehen, den Hörenden die Gebärdensprache beizubringen ist nicht nur eine Möglichkeit beide Gruppen zusammenzubringen, es kann auch eine Chance für Hörende sein, die Welt anders zu entdecken. Lautsprachentwicklung und Feinmotorik hängen eng zusammen. Jeder Logopäde übt mit Kindern Feinmotorik, um ihre Sprachfähigkeiten zu stimulieren. Dies legt nahe, dass die Gebärdensprache auch für den Spracherwerb von Hörenden von Nutzen sein kann; sie erfordert ein hohes Maß an feinmotorischen Fähigkeiten.

So könnte sich herausstellen, das die Audisten im Unrecht sind: Die Gebärdensprache blockiert den Erwerb von Lautsprache nicht, sie kann ihn sogar fördern.

United Breaks Guitars (Teil II)

Ich hatte ja bereits im vergangenen Jahr über die witzige Aktion des kanadischen Sängers Dave Carroll geschrieben, der -nachdem bei einem Flug mit United Airlines seine Gitarre zu Bruch gegangen war, weil das Personal beim Verladen damit herumgeworfen hatte- statt zu klagen, lieber einen Song veröffentlicht hat, in dem er die Praxis der Airline beklagt, Schadensersatzforderungen von Kunden einfach auszusitzen.Der Song hat ist bei YouTube über sieben Millionen mal angesehen worden, und zirkuliert in unzähligen Blogs.

Carroll hatte angekündigt drei Songs zu dem Thema zu schreiben, und nun ist der Sage zweiter Teil verfügbar. Im neuen, ebenfalls witzig gemachten Song, geht das darum, dass jene Ms. Irlweg, die schon im ersten Song als Sachbearbeiterin für Carrols Fall zusständig war, mit allen Mitteln versucht einen Ersatz für Carrolls Gitarre zu ermöglichen, und regelmäßig an den irrwitzigen Vorgaben ihrer eigenen Firma scheitert.

Auch zu diesem Song gibt es einen Blogeintrag von Dave Carroll.