Ein “Wunschzettel” der Referate des Innenministerium ist aufgetaucht, der über das Wahlprogramm der CDU hinausgehend einen Ausbau des Verfassungsschutz zu einer allgemeinen Sicherheitsbehörde fordert. Die als Reaktion auf nationalsozialistische Herrschaftsinstrumente wie Gestapo und Reichssicherheitshauptamt etablierte strikte Trennung von Geheimdienst und Polizei würde damit weiter aufgeweicht. Das Papier vom 22. September trägt den Titel “Vorbereitung Koalitionspapier” und liegt der “Süddeutschen Zeitung” vor. Es sieht für den Verfassungsschutz folgende neue Kompetenzen vor:
- Daten auf Computer herunter- bzw. hochladen (Noch darf das nur das Bundeskriminalamt).
- Zugriff auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung (ist bisweilen der Polizei und Justiz vorbehalten)
- Lausch- und Spähangriffe in Privatwohnungen
Außerdem sieht das Papier für alle Sicherheitsbehörden neue Methoden vor:
- Einführung des genetischen Fingerabdruck als “erkennungsdienstliche Standardmaßnahme” (also auch bei Ladendiebstahl)
- Straffreiheit für verdeckte Ermittler bei der Begehung von Straftaten die zum “szenetypischem Verhalten” gehören.
Auch wenn Schäubles Büroleiter, Bruno Kahl, erklärt, dass das Papier der Leitungsebene des Hauses nicht vorlag und es postwendend zu einem “Ministeriums-Internum” umbenennt, dürfte es dem Innenminister gefallen: “Die Wirklichkeit halte sich nicht an diese klare Trennung. Und der demokratische Rechtsstaat dürfe sich dem Wettkampf mit den Gefährdern nicht verweigern. Bessere Vernetzung von Behörden und Informationen sei eine Notwendigkeit”, so Schäuble bereits 2007 auf einer Tagung des Auslandgeheimdienstes BND.
Update: Wolfgang Bosbach schließt die Umsetzung der Vorschläge nach der Bundestagswahl kategorisch aus.
„Neue Befugnisse wie Online-Durchsuchungen, Späh- oder Lauschangriffe für den Verfassungsschutz werden nach der Bundestagswahl keine Rolle spielen.“
,sagte der CDU-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung.
„Die Diskussion um erweiterte Rechte für den Verfassungsschutz ist eine Phantom-Debatte.“#
So Bosbach weiter. Neben der Tatsache, dass man hellhörig werden sollte, wenn ein CDU-Politiker das Wort “Phantomdebatte” in den Mund nimmt, ist seine Begründung interessant: Laut der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Bosbach nämlich, mit einer Koalition aus FDP oder SPD seien die Pläne nicht umsetzbar. Mit anderen Worten: Die CDU distanziert sich nicht von den Vorschlägen, sondern bedauert lediglich, keinen Koalitionspartner zu finden, um die feuchten Träume des Innenministeriums wahr werden zu lassen.
Tags: Bespitzelung, CDU, Datenschutz, Politik, Stasi 2.0, Wahl