Einen besonders krassen Fall von Homophobie beschreibt Cory Doctorow auf boingboing: Der Itawamba County School District (Missisippi) hat einen Schulball abgesagt, nachdem es zu einem Streit mit einer 18-Jährigen Schülerin gekommen war, nachdem diese gefragt hatte, ob Sie ihre Freundin mit zum Ball bringen könne.
Für alle die sich in amerikanischer Jugendkultur nicht so auskennen: Ein “Prom”, kurz für “Promenade” ist ein -meist am Schuljahresende gefeierter Ball, der -ähnlich dem deutschen Abschlussball, in formaler Kleidung (die Herren im Smoking, die Damen im Abendkleid) gefeiert wird. Diesen Abschlussbällen kommt traditionell für die Beteiligten große Bedeutung zu, stellt der Ball doch für viele einen Höhepunkt des Schuljahres dar. Üblicherweise erscheint man zu sowas mit Begleitung, und das Finden des oder der richtigen Begleitung ist Thema unzähliger Highschool- und Coming-Of-Age Filme aus Hollywood.
Der Eklat ergab sich nun, weil McMillen hat sich an die Schulbehörde gewandt, und um Erlaubnis gebeten hatte, ihre Freundin mitzubringen, und einen Smoking tragen zu dürfen. Die Schulbehörde ließ kurz darauf ein Memo an den Schulen verteilen, aus dem hervorging, dass schwule und lesbische Paare nicht an der Veranstaltung teilnehmen dürften. Als McMillen sich daraufhin an die Leitung ihrer Schule wandte, ließ man sie wissen, dass man ihr nicht erlauben würde einen Smoking zu tragen, dass sie ihre Freundin nicht mitbringen dürfe, und dass sie damit rechnen müsse, des Saales verwiesen zu werden, wenn sie und ihre Freundin an dem Ball dennoch teilnähmen.
Nachdem McMillen sich an die American Civil-Liberty Union gewandt hat, ist der Fall letztendlich vor Gericht gegangen. Die Schule ließ den Ball bereits nach dem Forderungsschreiben der ACLU komplett absagen. Der Ball wird nun von Schülern und Eltern ausgerichtet.
Am 23.03.2010 entschied das Bundesgericht von Missisippi, dass die Regelungen der Schulbehörde gegen die Grundrechte von McMillen, und allen anderen homosexuellen Schülern verstosse. Das Gericht hat die Schulbehörde jedoch nicht verpflichtet den Ball dennoch auszurichten; allerdings nur deswegen, weil die Schüler und Eltern schon soviel Zeit und Geld investiert hätten einen eigenen Ball auszurichten, und das Gericht davon ausgehe das McMillen und ihre Freundin eingeladen seien.
In der 12-seitigen Urteilsbegründung heisst es:
“The record shows Constance has been openly gay since eighth grade and she intended to communicate a message by wearing a tuxedo and to express her identity through attending prom with a same-sex date. The Court finds this expression and communication of her viewpoint is the type of speech that falls squarely within the purview of the First Amendment. The Court is also of the opinion that the motive behind the School Board’s cancellation of the prom, or withdrawal of their sponsorship, was Constance’s requests and the ACLU’s demand letter sent on her behalf.”
Es ist ja bekannt, dass Missippi im sog, Bible Belt liegt, aber der ganze Vorgang mutet schon sehr mittelalterlich an. Einen guten Eindruck nach aussen macht das jedenfalls nicht.
Update: Offensichtlich hat es den “rechtschaffenen Bürgern” von Itawamba, Missouri nicht gereicht Ms. McMillen von dem öffentlichen Ball abzuhalten. Über den Mädchenblog erfahre ich gerade, dass man die angekündigte Ersatzveranstaltung geheimgehalten hat, damit McMillen nicht an der Veranstaltung teilnehmen kann, und McMillen zu einem falschen Ort gelost. Das ist einfach nur noch gemein. Leeza vom Mädchenblog stellt in den Kommentaren zu recht, dass es nur noch gefehlt hätte, sie -wie bei Stephen Kings “Carrie” mit Schweineblut zu überschütten.
Ich wünsche Ms. McMillen und ihrer Freundin jedenfalls, dass sie einen Studienplatz an einem der großen Colleges im Norden der USA finden, wo man ihre sexuelle Orientierung eher akzeptiert. Dass man die Betonköpfe in ihrer Heimatstadt noch ins 21. Jahrh. befördern kann, befürchte ich, wird ein frommer Wunsch bleiben.