Archiv für August 2010

Bitte nicht füttern!

troll [1], verb, engl. “trällern”: Ein Posting in einer Usenet-Gruppe veröffentlichen, dass den einizgen Zweck hat, möglichst viel, vorzugsweise wütende Antworten (Flames) zu produzieren. Ziel des Trollens ist nicht das Anstoßen einer Diskussion, sondern lediglich die Aufmerksamkeit der Leser.  Mit dem wachsenden Erfolg des World Wide Web fand das Trollen auf auch Einzug in die Gesellschaft.

Troll [1], subst., m.: Der T. ist jemand, der der Tätigḱeit des trollens [1] frönt. T.s finden sich in allen größeren Internetforen, im Usenet, aber in der Zeit von Web 2.0 auch vermehrt in den Kommentarsektionen von Blogs und Communities. Der T. schreibt zwar häufig und viel, aber nie Substantielles. Um möglichst viele emotionale Reaktionen zu bekommen, bedient der T. sich bevorzugt saukontroverser Themen, seine vertretene Meinung wechselt er dabei regelmäßig. Der T. vertritt nicht seine persönliche Meinung, sondern eine, von der er glaubt in der Umgebung, in der er postet, den größten Effekt zu erzielen. Da Trolle nur auf die Aufmerksamkeit der anderen Netznutzer aus sind, ist der Versuch einer Diskussion aussichtslos, es ist besser sie zu plonken. Antwortet jemand auf einen T.-Beitrag, sagt man er füttere den T. T.-Füttern ist im Netz eine verpönte Tätigkeit, die bei Netizens fast so unbeliebt ist, wie das Misshandeln von Katzen.

Warum ich das jetzt schreibe? Wegen dem hier. Der ist nämlich ein Real-Life-Troll. Mit ein paar substanzlosen Thesen, ven denen er genau weiß, dass die öffentliche Meinung hochkocht, verschafft er sich Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit, die er gut brauchen kann, hat der doch gerade ein Buch geschrieben, das vermutlich sonst kaum jemanden interessiert werden.

Freiheit statt Angst – 2010

Leider erscheint mir die Resonanz auf die Aufrufe zur diesjährigen FSA geringer zu sein, als bislang. Dabei sind die Themen aktuell wie eh’ und je:

  • An der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung wird noch gewerkelt
  • Censilila beerbt Zensursula
  • Per SWIFT werden unsere Bankdaten an die USA übermittelt
  • Nacktscanner…

Es hat sich also nicht viel geändert, ausser, dass unser neuer Innenminister Thomas De Maizière mehr Kreide frühstückt als Herr Schäuble.

Deshalb: Am 11.09.2010 13:00h, Postdamer Platz in Berlin

I’m tired of malicious articles slandering me.

Netzpolitik meldet, dass der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland eine einstweilige Verfügung gegen das Blog Xtranews erwirkt hat. Xtranews hatte mehrere Gutachten veröffentlicht, deren Anlagen nach Ansicht der Autoren von Xtranews Hinweise enthalten, dass Sicherheitsmängel bei den Fluchtwegen bekannt waren. Dabei kommen die Stadt Duisburg und die Veranstalter wohl nicht immer ganz gut weg.

Die Stadt hat das Gutachten selber veröffentlicht, allerdings ohne die Anhänge. Die Stadt Duisburg hat nun, unter Berufung auf §97 UrhG eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es Xtranews verbietet die Texte weiter zu verbreiten.

Es ist anzunehmen, dass die Stadt Duisburg damit nicht durchkommen wird, an der Veröffentlichung der Dokumente besteht ja unzweifelhaft ein überragendes öffentliches Interesse, schließlich hat die Öffentlichkeit, allen voran natürlich die Betroffenen und ihre Angehörigen, das Recht zu erfahren, was da schief gelaufen ist.

Die einstweilige Verfügung zu beantragen ist da  -vorsichtig ausgedrückt- eine ungeschickte Taktik. So entsteht der Eindruck, die Stadt Duisburg wolle hier etwas verschleiern. Nach dem schlechten Eindruck, den das Krisenmanagement in großen Teilen der Öffentlichkeit hinterlassen hat, ist das eher kontraproduktiv.

Hinzukommt nun, dass die gerichtlichen Schritte das öffentliche Interesse an den Dokumenten noch steigern werden. Hier ist ein massiver  Streisand Effekt praktisch vorprogrammiert.

Ich werd’ mich mal mit dhuett abstimmen (der dieses Blog betreibt, und daher den Ärger bekäme, wenn Herr Sauerland weiter klagen will),  und die Dokumente ggf. dann hier auch verlinken.

Nachtrag: Eben erfahre ich, dass die Stadt Duisburg, die einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Köln erwirkt hat, anstatt naheliegender Weise das Duisburger Landgericht anzurufen. Irgendwie kommt da schon der leise Verdacht auf, dass man sich dort bessere Chancen ausrechnet, da das Kölner Landgericht sich in der Vergangenheit ähnlich bemüht hat der Pressekammer des Landgerichts Hamburg das Wasser zureichen -zumindest was die feindselige Haltung gegenüber der Meinungsfreiheit in Pressesachen angeht, wie Udo Vetter in seinem Law-Blog feststellt.

Automatisch böse?

Gerade bloggt Fefe über einen Text, der in der jüngsten Ausgabe der Zeit erschienen ist:

Erinnert ihr euch noch an die Zeit, als die “Zeit” als liberales Blatt galt? Als Gegenstück zur rechtskonservativen FAZ? Heute hetzt die “Zeit” gegen De Maiziere, weil er ihnen zu “soft on crime” ist und die FAZ befürwortet das bedingungslose Grundeinkommen. WTF? Gut, die FAZ hetzt auch für Internetzensur. Wer würde schon angepasste Hofberichterstattung wie die FAZ zensieren, gell? Das kann ja nur zu deren Vorteil enden, wenn der Staat eine Zensurinfrastruktur aufbaut! Deren einzige echte Bedrohung ist noch angepasstere Hofberichterstattung wie beim ZDF, daher auch die Speicherlimit-Initiative.

Ich weiß nicht welchen Artikel Fefe gelesen hat, aber scheinbar nicht den, den ich unter dem angegebenen Link gefunden habe. Der Beitrag von Wolfgang Kumm behandelt nämlich den aktuellen Zustand der Union, und ihre Position bei Wählern und Anhängern. Kumms These ist, dass die CDU durch den Versuch stärker in die Mitte zu rücken, und es allen recht machen zu wollen, ihren Zuspruch bei konservativen Wählern verliert.

Dabei vertritt Kumm die Meinung, dass die Union durch ihren Linksruck wichtige Positionen im Bereich der inneren Sicherheit aufgegeben habe, und hält dies für fatal. Wolfgang Kumm vertritt die Ansicht, dass eine pluralistische Gesellschaft eine strenge Sicherheitspolitik braucht, um die gesamtgesellschaftlichen Regeln auch druchzusetzen, und sieht genau darin eine Aufgabe der Konservativen. Darüber kann man anderer Auffassung sein, Hetze ist das nicht. Die übrigen vertretenen Thesen, z.B. zu Internetsperren, macht der Autor sich gar nicht zu eigen, sondern analysiert hier lediglich den Zustand der Union. Ein wenig mehr Differenzierung würde Fefe hier ganz gut tun.

Entsprechend wichtiger finde ich das Resümee, dass Kumm in seinem Artikel zieht:

Die CDU ist drauf und dran, den Platz rechts von sich selbst frei zu machen. Das ist, wie gesagt, bei manchen Themen unausweichlich, bei der Inneren Sicherheit ist es unnötig und demokratisch höchst riskant. In unseren europäischen Nachbarländern erstarken seit Jahren die rechtspopulistischen Kräfte. Bisher war Deutschland dagegen immun. Doch wenn die Union so weitermacht, dann entsteht ein Vakuum, das sich früher oder später füllen wird

Damit hat er Recht, und das ist etwas, dass auch mir Sorgen bereitet. Die alte Weisheit von Franz-Josef Strauss, rechts von der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierten Parteien mehr geben, hat nach wie vor ihre Berechtigung. Ich mag die CDU/CSU nicht, aber mir ist klar, dass wir eine konservative Partei brauchen, die fest auf dem Boden des demokratischen Rechtsstaates steht, damit die Wähler am rechten Rand nicht zu NPD und Korsorten abwandern. Diese Rolle mag die Union in letzter Zeit nicht mehr übernehmen, und das als bedenklich zu benennen ist legitim, und sogar wichtig.

Ich lese die Zeit schon deswegen regelmäßig, auch weil sie solchen Positionen einen Platz einräumt. Auch wenn ich die Meinung, die Wolfgang Kumm hier vertritt nicht teilen kann, finde ich es wichtig, und richtig, dass eine liberale Zeitung ihm Platz einräumt.

Die Aufgabe einer liberalen Zeitung ist es nicht, eine mir genehme Meinung zu verbreiten, dafür haben wir die Bild, und den restlichen Gossenjounralismus. Ihre Aufgabe ist es vielmehr mich mit so vielen Standpunkten und Meinungen wie möglich zu versorgen, damit ich mir ein eigenes Bild machen kann. Bewerten kann ich dann selber.

Barrierefreiheit und Netzneutralität

Markus Beckedahl hat in seiner Antwort auf Fefes Rant gegen die Initiative Pro-Netzneutralität auf den Punkt eingegangen, dass Fefe sich so an dem Begriff der Barrierefreiheit stört. Markus schreibt dazu:

P.S. Nur mal so am Rande: Das mit der großen Kritik an dem Wort “Barrierefreiheit” in der Erklärung hab ich nicht ganz verstanden, da ich das Wort bei mehrmaligem lesen nicht gefunden habe. Kann mir das mal jemand erklären? Lösung: In der Definition von Netzneutralität auf der pro-netzneutralitaet.de – Seite kommt barrierefreiheit vor. Das verstehe ich auch nicht. (Die Definition wurde den Erstunterzeichnern auch nicht vorgelegt.)

Ich halte es für richtig, im Rahmen der Argumente pro Netzneutralität auch auf die Barrierefreiheit einzugehen. Zunächst mal bezieht sich die Barrierefreiheit natürlich auf die Gestaltung von Webseiten, und die damit verbundenen Techniken, Inhalte maschinenlesbar, und damit zum Beispiel für Screenreader lesbar zu machen. In den meisten Fällen wird da in diesem Falle mit sehbehinderten oder blinden Menschen argumentiert, für die diese Techniken sehr wichtig sind.

Es gibt aber darüber hinaus noch eine Menge anderer Bereiche, die für ein wirklich barrierefreies Netz wesentlich sind, schließlich wird das Netz nicht nur von blinden und sehenden Menschen genutzt, sondern auch von Menschen mit ganz anderen Beeinträchtigungen.

Ein Beispiel, dass an Markus Beispiel Skype anknüpft, soll dies verdeutlichen: Ich lerne selber seit einigen Jahren die deutsche Gebärdensprache, und habe dadurch natürlich auch einen kleinen Einblick in die Gehörlosencommunity bekommen. Die Gehörlosen haben das Internet als Kommunikationsmedium für sich sehr schnell entdeckt, und machen eifrig Gebrauch davon. Das sehr text- und wenig tonlastige Internet scheint auch auf den ersten Blick ideal geeignet zu sein. Trotzdem gibt es Probleme, die man als Hörender oft nicht wahrnimmt. So haben viele Gehörlose Probleme mit der deutschen Schriftsprache. Das liegt zum einen daran, dass Gehörlose in der Bildung noch bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein massiv diskriminiert wurden, weil als Unterrichtsschwerpunkt an Gehörlosenschulen der Erwerb der Lautsprache im Vordergrund stand, andere Unterrichtsinhalte wurden den Schülern schlicht vorenthalten. An der Mehrzahl der Schulen wird der Unterricht noch heute in Lautsprache gehalten. Dazu kommt, dass für Gebärdende die deutsche Sprache eine Fremdsprache ist, die sie ebenso mühsam lernen müssen, wie wir Englisch oder Französisch lernen. Dienste wie Skype, oder das in Deutschland unter Gehörlosen sehr beliebte Programm CamFrog stellen eine gute Alternative dar. Hier ermöglicht das Internet eine einfache und leicht zu handhabende Kommunikation, wie sie für Hörende das Telefon darstellt.

Wenn nun die Netzneutralität aufgegeben wird, fällt diese Kommunikationsform schlicht weg. Man sollte nicht davon ausgehen, dass die Zugangsanbieter ein Intresse an der Durchleitung der Videodaten von CamFrog hätten. Der Markt für solche  besonderen Bedürfnisse ist einfach zu klein, als dass große Konzerne ein Interesse daran hätten, hierfür eigene Dienste anzubieten, oder sich auch nur die Mühe der Durchleitung zu machen. Wenn sie die Daten weiterleiten würden, wäre dies vermutlich so teuer, dass die meisten Betroffenen es sich nicht leisten könnten. Ich bin überzeugt, dass es viele Fälle gibt, bei denen ich mich nicht so gut auskenne, wo ähnliche Auswirkungen auch für andere Minderheiten zutreffen. So wird aus einer Diskriminierung von Daten dann eine Diskriminierung von Menschen um realen Leben.

Deswegen halte ich es für richtig, den Begriff der Barrierefreiheit mit in den Katalog der Argumente aufzunehmen, denn ohne Netzneutralität kann es auch keine Barrierefreiheit geben.

Shut up!! Baked beans are off.

Ich mag englisches Frühstück.  Leider reicht ja meist die Zeit morgens nicht, weswegen das ein Luxus für die Wochenenden ist, aber dafür dann richtig. Ok, auf Black Pudding kann ich verzichten, dafür leihe ich mir dann die amerikanischen Pancakes mit Ahornsirup aus. Was aber auf dem Frühstückstisch auf keinen Fall fehlen darf sind Baked Beans und Sausages mit Toast.

Baked Beans kauft man, der Einfachheit halber, meistens in der Dose. Leider ist, da dieses Gericht in Deutschland ja nicht zu den Standards gehört, die Auswahl sehr begrenzt. In den Supermärkten in meiner Umgebung gibt es jedenfalls nur drei Sorten: Die Hausmarke des Händlers, die Bohnen der Marke Erasco und die der Herstellers Heinz. Da ich die Tomatensauce bei den Erasco-Bohnen nicht mag, habe ich bislang immer die von Heinz gekauft. Bis ich letzte Woche in dem REWE-Markt um die Ecke feststellen musste, dass das Regal, in dem die Heinz-Produkte sonst stehen leer war. Stattdessen fand ich folgenden Hinweis:

Hinweis an Kunden im REWE-Markt

Ich bin einigermaßen verärgert darüber. Bitte, dann macht das Produkt teurer, wenn es denn sein muss (wir reden ihr über eine Dose Bohnen, die immer 99 Cent gekostet hat, wenn sie jetzt 1,20€ kosten soll, so what?), aber bitte überlasst mir, dem Kunden, die Entscheidung, ob ich das Produkt kaufen will, oder nicht.

Man könnte natürlich einfach woanders kaufen, wenn es denn eine Alternative gäbe. Die traurige Tatsache ist aber, dass es in meinem Stadtteil, dank der “Marktbereinigung” der letzten Jahre, nur noch zwei Supermärkte gibt, die nicht zur REWE-Handelsgruppe gehören. Einer davon ist ein ALDI, und der hatte noch nie gebackene Bohnen im Sortiment.

Wenn ich also nicht erst ein paar Kilometer fahren will, um einzukaufen (oder dies aus irgendwelchen Gründen nicht kann; ich denke da an meine hochbetagten Nachbarn), muss ich bei REWE einkaufen.

Das alles zusammen lässt mich befürchten, dass es hier REWE weniger um die behauptete Zufriedenheit der eigenen Kunden geht, als darum, den Preis beim Einkäufer noch ein Stückchen weiter zu drücken. Will der Lieferant nämlich weiter in meiner Gegend Absatz finden, muss er mit REWE zusammenarbeiten, andere Abnehmer gibt es ja kaum. Daher wird so Druck aufgebaut, der natürlich steigt, je mehr die Kunden die Produkte nachfragen. Zu leiden haben darunter die Lieferanten, die Mitarbeiter der REWE-Märkte, die sich das Gemecker der Kunden anhören müssen, und natürlich die Kunden, die sich vom Händler vorschreiben lassen müssen, was sie kaufen sollen.

Ich werde die Bohnen wohl in Zukunft bei Amazon bestellen müssen. Dort gibt es ein Sechserpack. Konserven sind ja zum Glück haltbar.