Freiheit statt Angst – 2010

Leider erscheint mir die Resonanz auf die Aufrufe zur diesjährigen FSA geringer zu sein, als bislang. Dabei sind die Themen aktuell wie eh’ und je:

  • An der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung wird noch gewerkelt
  • Censilila beerbt Zensursula
  • Per SWIFT werden unsere Bankdaten an die USA übermittelt
  • Nacktscanner…

Es hat sich also nicht viel geändert, ausser, dass unser neuer Innenminister Thomas De Maizière mehr Kreide frühstückt als Herr Schäuble.

Deshalb: Am 11.09.2010 13:00h, Postdamer Platz in Berlin

I’m tired of malicious articles slandering me.

Netzpolitik meldet, dass der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland eine einstweilige Verfügung gegen das Blog Xtranews erwirkt hat. Xtranews hatte mehrere Gutachten veröffentlicht, deren Anlagen nach Ansicht der Autoren von Xtranews Hinweise enthalten, dass Sicherheitsmängel bei den Fluchtwegen bekannt waren. Dabei kommen die Stadt Duisburg und die Veranstalter wohl nicht immer ganz gut weg.

Die Stadt hat das Gutachten selber veröffentlicht, allerdings ohne die Anhänge. Die Stadt Duisburg hat nun, unter Berufung auf §97 UrhG eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es Xtranews verbietet die Texte weiter zu verbreiten.

Es ist anzunehmen, dass die Stadt Duisburg damit nicht durchkommen wird, an der Veröffentlichung der Dokumente besteht ja unzweifelhaft ein überragendes öffentliches Interesse, schließlich hat die Öffentlichkeit, allen voran natürlich die Betroffenen und ihre Angehörigen, das Recht zu erfahren, was da schief gelaufen ist.

Die einstweilige Verfügung zu beantragen ist da  -vorsichtig ausgedrückt- eine ungeschickte Taktik. So entsteht der Eindruck, die Stadt Duisburg wolle hier etwas verschleiern. Nach dem schlechten Eindruck, den das Krisenmanagement in großen Teilen der Öffentlichkeit hinterlassen hat, ist das eher kontraproduktiv.

Hinzukommt nun, dass die gerichtlichen Schritte das öffentliche Interesse an den Dokumenten noch steigern werden. Hier ist ein massiver  Streisand Effekt praktisch vorprogrammiert.

Ich werd’ mich mal mit dhuett abstimmen (der dieses Blog betreibt, und daher den Ärger bekäme, wenn Herr Sauerland weiter klagen will),  und die Dokumente ggf. dann hier auch verlinken.

Nachtrag: Eben erfahre ich, dass die Stadt Duisburg, die einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Köln erwirkt hat, anstatt naheliegender Weise das Duisburger Landgericht anzurufen. Irgendwie kommt da schon der leise Verdacht auf, dass man sich dort bessere Chancen ausrechnet, da das Kölner Landgericht sich in der Vergangenheit ähnlich bemüht hat der Pressekammer des Landgerichts Hamburg das Wasser zureichen -zumindest was die feindselige Haltung gegenüber der Meinungsfreiheit in Pressesachen angeht, wie Udo Vetter in seinem Law-Blog feststellt.

Automatisch böse?

Gerade bloggt Fefe über einen Text, der in der jüngsten Ausgabe der Zeit erschienen ist:

Erinnert ihr euch noch an die Zeit, als die “Zeit” als liberales Blatt galt? Als Gegenstück zur rechtskonservativen FAZ? Heute hetzt die “Zeit” gegen De Maiziere, weil er ihnen zu “soft on crime” ist und die FAZ befürwortet das bedingungslose Grundeinkommen. WTF? Gut, die FAZ hetzt auch für Internetzensur. Wer würde schon angepasste Hofberichterstattung wie die FAZ zensieren, gell? Das kann ja nur zu deren Vorteil enden, wenn der Staat eine Zensurinfrastruktur aufbaut! Deren einzige echte Bedrohung ist noch angepasstere Hofberichterstattung wie beim ZDF, daher auch die Speicherlimit-Initiative.

Ich weiß nicht welchen Artikel Fefe gelesen hat, aber scheinbar nicht den, den ich unter dem angegebenen Link gefunden habe. Der Beitrag von Wolfgang Kumm behandelt nämlich den aktuellen Zustand der Union, und ihre Position bei Wählern und Anhängern. Kumms These ist, dass die CDU durch den Versuch stärker in die Mitte zu rücken, und es allen recht machen zu wollen, ihren Zuspruch bei konservativen Wählern verliert.

Dabei vertritt Kumm die Meinung, dass die Union durch ihren Linksruck wichtige Positionen im Bereich der inneren Sicherheit aufgegeben habe, und hält dies für fatal. Wolfgang Kumm vertritt die Ansicht, dass eine pluralistische Gesellschaft eine strenge Sicherheitspolitik braucht, um die gesamtgesellschaftlichen Regeln auch druchzusetzen, und sieht genau darin eine Aufgabe der Konservativen. Darüber kann man anderer Auffassung sein, Hetze ist das nicht. Die übrigen vertretenen Thesen, z.B. zu Internetsperren, macht der Autor sich gar nicht zu eigen, sondern analysiert hier lediglich den Zustand der Union. Ein wenig mehr Differenzierung würde Fefe hier ganz gut tun.

Entsprechend wichtiger finde ich das Resümee, dass Kumm in seinem Artikel zieht:

Die CDU ist drauf und dran, den Platz rechts von sich selbst frei zu machen. Das ist, wie gesagt, bei manchen Themen unausweichlich, bei der Inneren Sicherheit ist es unnötig und demokratisch höchst riskant. In unseren europäischen Nachbarländern erstarken seit Jahren die rechtspopulistischen Kräfte. Bisher war Deutschland dagegen immun. Doch wenn die Union so weitermacht, dann entsteht ein Vakuum, das sich früher oder später füllen wird

Damit hat er Recht, und das ist etwas, dass auch mir Sorgen bereitet. Die alte Weisheit von Franz-Josef Strauss, rechts von der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierten Parteien mehr geben, hat nach wie vor ihre Berechtigung. Ich mag die CDU/CSU nicht, aber mir ist klar, dass wir eine konservative Partei brauchen, die fest auf dem Boden des demokratischen Rechtsstaates steht, damit die Wähler am rechten Rand nicht zu NPD und Korsorten abwandern. Diese Rolle mag die Union in letzter Zeit nicht mehr übernehmen, und das als bedenklich zu benennen ist legitim, und sogar wichtig.

Ich lese die Zeit schon deswegen regelmäßig, auch weil sie solchen Positionen einen Platz einräumt. Auch wenn ich die Meinung, die Wolfgang Kumm hier vertritt nicht teilen kann, finde ich es wichtig, und richtig, dass eine liberale Zeitung ihm Platz einräumt.

Die Aufgabe einer liberalen Zeitung ist es nicht, eine mir genehme Meinung zu verbreiten, dafür haben wir die Bild, und den restlichen Gossenjounralismus. Ihre Aufgabe ist es vielmehr mich mit so vielen Standpunkten und Meinungen wie möglich zu versorgen, damit ich mir ein eigenes Bild machen kann. Bewerten kann ich dann selber.

Barrierefreiheit und Netzneutralität

Markus Beckedahl hat in seiner Antwort auf Fefes Rant gegen die Initiative Pro-Netzneutralität auf den Punkt eingegangen, dass Fefe sich so an dem Begriff der Barrierefreiheit stört. Markus schreibt dazu:

P.S. Nur mal so am Rande: Das mit der großen Kritik an dem Wort “Barrierefreiheit” in der Erklärung hab ich nicht ganz verstanden, da ich das Wort bei mehrmaligem lesen nicht gefunden habe. Kann mir das mal jemand erklären? Lösung: In der Definition von Netzneutralität auf der pro-netzneutralitaet.de – Seite kommt barrierefreiheit vor. Das verstehe ich auch nicht. (Die Definition wurde den Erstunterzeichnern auch nicht vorgelegt.)

Ich halte es für richtig, im Rahmen der Argumente pro Netzneutralität auch auf die Barrierefreiheit einzugehen. Zunächst mal bezieht sich die Barrierefreiheit natürlich auf die Gestaltung von Webseiten, und die damit verbundenen Techniken, Inhalte maschinenlesbar, und damit zum Beispiel für Screenreader lesbar zu machen. In den meisten Fällen wird da in diesem Falle mit sehbehinderten oder blinden Menschen argumentiert, für die diese Techniken sehr wichtig sind.

Es gibt aber darüber hinaus noch eine Menge anderer Bereiche, die für ein wirklich barrierefreies Netz wesentlich sind, schließlich wird das Netz nicht nur von blinden und sehenden Menschen genutzt, sondern auch von Menschen mit ganz anderen Beeinträchtigungen.

Ein Beispiel, dass an Markus Beispiel Skype anknüpft, soll dies verdeutlichen: Ich lerne selber seit einigen Jahren die deutsche Gebärdensprache, und habe dadurch natürlich auch einen kleinen Einblick in die Gehörlosencommunity bekommen. Die Gehörlosen haben das Internet als Kommunikationsmedium für sich sehr schnell entdeckt, und machen eifrig Gebrauch davon. Das sehr text- und wenig tonlastige Internet scheint auch auf den ersten Blick ideal geeignet zu sein. Trotzdem gibt es Probleme, die man als Hörender oft nicht wahrnimmt. So haben viele Gehörlose Probleme mit der deutschen Schriftsprache. Das liegt zum einen daran, dass Gehörlose in der Bildung noch bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein massiv diskriminiert wurden, weil als Unterrichtsschwerpunkt an Gehörlosenschulen der Erwerb der Lautsprache im Vordergrund stand, andere Unterrichtsinhalte wurden den Schülern schlicht vorenthalten. An der Mehrzahl der Schulen wird der Unterricht noch heute in Lautsprache gehalten. Dazu kommt, dass für Gebärdende die deutsche Sprache eine Fremdsprache ist, die sie ebenso mühsam lernen müssen, wie wir Englisch oder Französisch lernen. Dienste wie Skype, oder das in Deutschland unter Gehörlosen sehr beliebte Programm CamFrog stellen eine gute Alternative dar. Hier ermöglicht das Internet eine einfache und leicht zu handhabende Kommunikation, wie sie für Hörende das Telefon darstellt.

Wenn nun die Netzneutralität aufgegeben wird, fällt diese Kommunikationsform schlicht weg. Man sollte nicht davon ausgehen, dass die Zugangsanbieter ein Intresse an der Durchleitung der Videodaten von CamFrog hätten. Der Markt für solche  besonderen Bedürfnisse ist einfach zu klein, als dass große Konzerne ein Interesse daran hätten, hierfür eigene Dienste anzubieten, oder sich auch nur die Mühe der Durchleitung zu machen. Wenn sie die Daten weiterleiten würden, wäre dies vermutlich so teuer, dass die meisten Betroffenen es sich nicht leisten könnten. Ich bin überzeugt, dass es viele Fälle gibt, bei denen ich mich nicht so gut auskenne, wo ähnliche Auswirkungen auch für andere Minderheiten zutreffen. So wird aus einer Diskriminierung von Daten dann eine Diskriminierung von Menschen um realen Leben.

Deswegen halte ich es für richtig, den Begriff der Barrierefreiheit mit in den Katalog der Argumente aufzunehmen, denn ohne Netzneutralität kann es auch keine Barrierefreiheit geben.

Shut up!! Baked beans are off.

Ich mag englisches Frühstück.  Leider reicht ja meist die Zeit morgens nicht, weswegen das ein Luxus für die Wochenenden ist, aber dafür dann richtig. Ok, auf Black Pudding kann ich verzichten, dafür leihe ich mir dann die amerikanischen Pancakes mit Ahornsirup aus. Was aber auf dem Frühstückstisch auf keinen Fall fehlen darf sind Baked Beans und Sausages mit Toast.

Baked Beans kauft man, der Einfachheit halber, meistens in der Dose. Leider ist, da dieses Gericht in Deutschland ja nicht zu den Standards gehört, die Auswahl sehr begrenzt. In den Supermärkten in meiner Umgebung gibt es jedenfalls nur drei Sorten: Die Hausmarke des Händlers, die Bohnen der Marke Erasco und die der Herstellers Heinz. Da ich die Tomatensauce bei den Erasco-Bohnen nicht mag, habe ich bislang immer die von Heinz gekauft. Bis ich letzte Woche in dem REWE-Markt um die Ecke feststellen musste, dass das Regal, in dem die Heinz-Produkte sonst stehen leer war. Stattdessen fand ich folgenden Hinweis:

Hinweis an Kunden im REWE-Markt

Ich bin einigermaßen verärgert darüber. Bitte, dann macht das Produkt teurer, wenn es denn sein muss (wir reden ihr über eine Dose Bohnen, die immer 99 Cent gekostet hat, wenn sie jetzt 1,20€ kosten soll, so what?), aber bitte überlasst mir, dem Kunden, die Entscheidung, ob ich das Produkt kaufen will, oder nicht.

Man könnte natürlich einfach woanders kaufen, wenn es denn eine Alternative gäbe. Die traurige Tatsache ist aber, dass es in meinem Stadtteil, dank der “Marktbereinigung” der letzten Jahre, nur noch zwei Supermärkte gibt, die nicht zur REWE-Handelsgruppe gehören. Einer davon ist ein ALDI, und der hatte noch nie gebackene Bohnen im Sortiment.

Wenn ich also nicht erst ein paar Kilometer fahren will, um einzukaufen (oder dies aus irgendwelchen Gründen nicht kann; ich denke da an meine hochbetagten Nachbarn), muss ich bei REWE einkaufen.

Das alles zusammen lässt mich befürchten, dass es hier REWE weniger um die behauptete Zufriedenheit der eigenen Kunden geht, als darum, den Preis beim Einkäufer noch ein Stückchen weiter zu drücken. Will der Lieferant nämlich weiter in meiner Gegend Absatz finden, muss er mit REWE zusammenarbeiten, andere Abnehmer gibt es ja kaum. Daher wird so Druck aufgebaut, der natürlich steigt, je mehr die Kunden die Produkte nachfragen. Zu leiden haben darunter die Lieferanten, die Mitarbeiter der REWE-Märkte, die sich das Gemecker der Kunden anhören müssen, und natürlich die Kunden, die sich vom Händler vorschreiben lassen müssen, was sie kaufen sollen.

Ich werde die Bohnen wohl in Zukunft bei Amazon bestellen müssen. Dort gibt es ein Sechserpack. Konserven sind ja zum Glück haltbar.

Aber doch bitte keine Science-Fiction

Boing-Boing hat mal wieder etwas lustiges ausgegraben: In England wurde ein Autoren-Preis für Nachwuchsautoren ausgelobt. Um das Werk von H.G. Wells zu ehren, waren Nachwuchsautoren aufgefordert ihre Kurzgeschichten an den ehemaligen BBC-Reporter Reg Turnhill zu schicken. Der heute 94-jährige Turnhill hatte als junger Mann H.G. Wells persönlich getroffen und für’s Radio interviewt.

Nachdem im letzten Jahr sehr viele Science-Fiction Beiträge eingegangen waren, hatte Turnhill es in diesem Jahr zur  Bedingung gemacht, dass alle Texte handgeschrieben sein müssten, und keine Science-Fiction angenommen würden:

“I wanted people to write the stories by hand as a condition of entry to address the low standard of literacy and handwriting these days.”

Und weiter:

“I also wanted the stories to reflect life in 2010 so they would interest readers in 2110, in the way that Wells’ stories do.
My aim in offering the £1,000 prize was to get people to mimic what Wells did in the 1900s.”

Zusammengefasst also: Das Schreiben mit Maschinen ist ein ein Zeichen für Analphabetismus, und um Wells zu ehren sollte man keine Science-Fiction schreiben, sondern lieber so wie, nun ja, Wells.

Da stellt sich mir die Frage ob der gute Mr. Turnhill mit den Werken von H.G. Wells wirklich vertraut ist?

Überraschend war die Anzahl der eingegangenen Beiträge dann auch nicht mehr: Kein einziger.

Vor Gebrauch schütteln, nach Schütteln nicht mehr zu gebrauchen

Im Rahmen der aktuellen Sparpakete wurden aus der Bundesregierung Überlegungen laut, die Homöopathie als Therapieform aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen zu streichen.

Bislang ist die Erstattung für homöopathische Behandlungen eine sog. Wahlleistung, d.h. die Kassen können die Leistung bezahlen, wenn sie dies anbieten möchten. Dies ist ein Unikum im deutschen Kassensystem, den eigentlich dürfen nur Leistungen der sog. evidenzbasierten Medizin erstattet werden, also solche, deren Wirksamkeit mit wissenschaftlichen Methoden verifizierbar ist. Homöopathie erfüllt dieses Kriterium nicht. Aber was ist eigentlich Homöopathie?

Die Homöopathie (griech. homoios=ähnlich, pathos=Leiden)  wurde  1796 von dem deutschen Mediziner Samuel Hahnemann entwickelt. Sie basiert auf dem  Simile-Prinzip “Simile similibus curentur” (”Ähnliches wird mit ähnlichem geheilt”), wie es in Ansätzen schon bei Paracelsus zu finden ist. Dabei geht man davon aus, dass eine Substanz, die beim Gesunden ähnliche Symptome hervorruft, wie sie der Kranke hat, beim Kranken die umgekehrte Wirkung haben müsse.

Das Simile-Prinzip geht auf einen Selbstversuch Hahnemanns zurück, bei dem er heraus fand, dass die Rinde des gelben Chinarindenbaumes (Cinchona offincialis), Fieber hervorzurufen vermag. Schon damals war bekannt, dass die Rinde, aus der später auch die Arznei Chinin gewonnen wurde, gegen die gefürchtete Malaria wirkt. Nach vielen Experimenten mit diesem und anderen Stoffen kam Hahnemann zu dem Schluß, dass Ähnlichkeitsprinzip müsse Gültigkeit haben, und postulierte es als Grundpfeiler seiner neuen Medizinlehre.

Die Arzneimittelprüfung in der Homöopathie wird üblicherweise am Gesunden durchgeführt. Treten bei diesem nach der Einnahme des Mittels ähnliche Symptome wie bei der Krankheit auf, die bekämpft werden soll, ist das Mittel richtig gewählt.

Die Potenzierung soll die Wirkung des Medikamentes verstärken. Dabei wird die Ausgangssubstanz (sog. Urtinktur) mehrfach im Verhältnis  1:10 (D-Potenz) 1:100 (C-Potenz) oder 1: 50.000 (Q- oder LM-Potenz) in Wasser oder Alkohol verdünnt. Dazwischen muss, je nach Art des Medikaments, die Lösung geschüttelt werden. Dabei ist die Anzahl  der Schüttelschläge  genau vorgegeben. Hierdurch soll die Wirkung er Urtinkur auf das Lösungsmittel übertragen werden.

Bei einer D30 Potenz wird also ein Teil der Urtinktur mit zehn Teilen Lösungsmittel verdünnt, anschließend wird die Lösung geschüttelt (im Falle einer D-Potenz: 10 mal). Dieser Vorgang wird 30 Mal wiederholt, wobei die Ausgangsubstanz jeweils die sich ergebende Lösung des vorherigen Durchlaufes ist.

In der modernen Medizin (von Anhängern der Homöopathie gern “Schulmedizin” genannt), gilt die Homöopathie als wirkungslos. Trotz zahlreicher Versuche konnte bislang keine Wirkung nachgewiesen werden. Die “Schulmedizin” legt die Latte bei der Arzneimittelprüfung allerdings auch höher als die Homöopathie: Eine Arznei gilt als wirksam, wenn in einer Doppelblindstudie erwiesen wurde, dass es eine signifikant höhere Wirkung gibt, als bei der Kontrollgruppe, die ein Placebo erhält. In keinem dieser Tests konnten homöopathische Präparate bislang eine Wirkung nachweisen.

Noch schlimmer steht es um das hinter der Homöopathie stehende Wirkmodell:

Das Simile-Prinzip wird dadurch durchbrochen, dass dem Patienten der eigentliche Wirkstoff gar nicht verabreicht wird: Schon bei einer Potenz von D23 ergibt sich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass auch nur ein einziges Molekül der Ursprungssubstanz in der Lösung verbleibt, gegen Null strebt. Dies lässt sich aus dem Avogadro-Gesetz und der Stoffmenge herleiten. Der Wirkstoff selber kann also nicht an der Heilung beteiligt sein. Daher argumentieren die Anhänger der Homöopathie, dass die erwünschte Wirkung der Urtinktur sich durch das Schütteln auf das Wasser übertrage.

Damit verlässt die Homöopathie aber endgültig den Boden des Rationalen, und begibt sich, wissenschaftstheoretisch auf brechendes Eis: Weder in der Chemie, noch in der Physik ist ein Verfahren bekannt, bei dem durch schütteln eine Eigenschaft von einem Molekül auf ein anderes übertragen wird. Die bekannten Gesetzte der Physik und der Chemie schließen eine solche Übertragung sogar aus: Die chemischen und physikalischen Eigenschaften einer Substanz sind direkt gekoppelt an ihre chemische Struktur.   Fragt man Anhänger der Homöopathie nach dem physikalischen Prinzip dieser Eigenschaftenübertragung, ist oft etwas diffus von “Energien” die Rede, die auf das Wasser übergingen.

Tatsächlich kennt die Physik nur einen Weg Informationen von einem Medium auf ein andere zu übertragen: Durch die Übertragung von Energie. Eine solche ist beim Vorgang des Potenzierens aber nicht beobachtbar. Hinzu kommt, dass die Homöopathie behauptet, die Wirkung des Medikaments steige mit höherer Potenzierung an. Wenn hierbei eine Energie vom Ausgangsstoff auf das Lösungsmittel übertragen würde, gibt der erste Hauptsatz der Thermodynamik aber vor, dass die vorhandene Energie im Gesamtsystem (Urtinktur und Lösung) gleich bleiben müsse. Um die Wirkung zu verstärken müsste man demzufolge von außen Energie zuführen und diese in die gewünschte “Wirkenergie” zu wandeln. Hält man sich vor Augen, dass eine Potenz von D78 etwa der Stoffmenge einer Aspirintablette auf der Wassermenge des Atlantischen Ozeans entspricht, wird klar, dass man gewaltige Mengen an Energie bräuchte um den postulierten Effekt zu erzeugen.

Da die Behauptungen der Homöopathie hier also im direkten Widerspruch zur Physik stehen, muss -aus homöopathischer Sicht- das Modell der Physik falsch sein. Es ist zwar üblich, und auch gewollt, dass in der Wissenschaft neue Theorien alte ablösen, aber die wissenschaftliche Erkenntnistheorie verlangt, dass eine neue Theorie all das erklären muss, was die Theorie, die sie ablösen soll, korrekt beschreibt. In unserem Fall bedeutet das, dass die Homöopathie nun in der Bringschuld ist, eine Alternative zum ersten Hauptsatz der Thermodynamik zu bringen, die den bisherigen Erfolgen dieser Theorie standhält. Angesichts der Tatsache, dass dieser Satz einer der Grundpfeiler der klassischen Physik ist, und damit eine Menge davon abhängt, ist das eine große Aufgabe.

In der Wissenschaft ist es im übrigen üblich, dass derjenige, der einen These aufstellt, in der Bringschuld ist. Es ist also an den Homöopathen ihre Thesen zu belegen, nicht an den Skeptikern, sie zu falsifizieren.

Die Homöopathie kann sich also letztlich nur auf den Glauben an ihre Wirksamkeit zurückziehen. Für die Leistungserbringung durch eine von einer Solidargemeinschaft getragene Krankenversicherung ist dass zu wenig. Da nicht alle Versicherten auch “Gläubige” sind, die Kassen aber Rechenschaft ablegen müssen über die Verwendung der Gelder, können nur Leistungen erbracht werden, deren Wirkungen für die Versicherten objektiv überprüfbar sind.

In einem Punkt sollte die “Schulmedizin” aber von Homöopathen und Heilpraktikern lernen: Diese nehmen sich in der Regel viel Zeit für ihre Patienten, hören zu, und geben den Patienten das Gefühl mehr zu sein als eine biologische Maschine die funktionieren muss. Dadurch entsteht ein Gefühl des Vertrauens und des Geborgenseins beim Patienten. Und das eine solche Umgebung der Heilung zuträglich ist, ist durchaus wissenschaftlich belegbar. Die Kassen sollten die Zahlung homöopathischer Therapien einstellen, und dafür den Ärzten ein ausführliches Patientengespräch vergüten. Manche “schulmedizinische” Pille wird dann vielleicht auch überflüssig.

Wie man Online Zeitungen verkauft

Vor einiger Zeit hatte ich hier darüber berichtet, welche Probleme es mit dem Online-Abo der Zeit gab. Im Detail: Ich wollte die Zeitung gerne auf meinem iPhone lesen, konnte aber das DRM-geschützte Format erst durch viele Umwege auf das iPhone bekommen, nur um dann festzustellen, dass die DRM-Methode von Adobe, die hier zum Einsatz kommt, von keiner Anwendung unterstützt wurde.

Dank eines Leserhinweises konnte ich mir mit dem Programm Txtr behelfen, dass aber immer noch mehrfaches herauf- und herunterladen erfordert, und -gelinde gesagt- etwas unhandlich ist.

Das zwischenzeitliche Erscheinen des iBook-Apps hat an dieser Situation auch nicht viel geändert. Was allerdings vorrangig am Dauerstreit zwischen Apple und Adobe liegen dürfte.

Schon kurz nach meinem Blogbeitrag erhielt ich allerdings eine Mail von einem Herrn Heise, von der Zeit, der versprach, sich um das Problem zu kümmern.

Und was soll ich noch sagen: Herr Heise hat Wort gehalten! Seit letztem Donnerstag können Abonenten des Online-Abos der Zeit neben der bisherigen PDF-Version, die ePub Version der Zeitung ohne DRM-Schutz herunterladen. Damit ist die Abhängigkeit von Adobe Digital Editions nicht mehr gegeben. Wer das Adobe-Programm weiterhin nutzen möchte kann das natürlich tun, ich habe die Zeitung aber auch mit Callibre, Stanza und Apples iBooks App problemlos öffnen können.

Anders als bei Txtr, funktionieren nun auch Links und das Inhaltsverzeichnis richtig und es lassen sich beliebige Bookmarks setzen und Textteile markieren, so dass dem mobilen Lesegenuss nichts mehr im Wege steht.

Damit steht die Zeitung jetzt ihren Lesern in der PDF- sowie in der ePub Form uneingeschränkt zur Verfügung, womit der allergrößte Teil der Lesegeräte abgedeckt sein sollte. Das beide Formate offene Standards sind, ist ein Pluspunkt, denn ich nicht unerwähnt lassen will.

An dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an Herrn Heise, der sich die Mühe gemacht hat, meine -und sicher auch die Kritik von anderen Lesern- anzuhören, und die Probleme und Wünsche der Leser ernstzunehmen.

Kabelvåg

Küste von Kabelvåg

Küste von Kabelvåg

Skrova

Hafeneinfahrt

Hafeneinfahrt

Svolvær

Aussicht von ienem Berg in Kabelvåg

Aussicht von einem Berg in Kabelvåg

Viral Marketing for Good

Seit einigen Tagen geistert dieses Video immer wieder durchs Netz.

Es handelt sich dabei, wie Netzpolitik schreibt, um einen Lobbyfilm der fiktiven Firma Blackwell Briggs der wohl Teil einer viralen Marketing Kampange ist. Allerdings handelt es sich auch nicht um einen Werbefilm der Firma Nokia. Schaut man sich die Seite der Macher der Kampange Conspiracy For Good an, stößt man bald auf den Namen Tim Kring. Kring ist Drehbuchautor und Produzent, und zeichnet unter anderem für die erfolgreiche TV-Serie Heroes verantwortlich. Tatsächlich ist Conpiracy for good Teil eines neuen Projektes von Kring, der eine Art interaktives Geschichtenerzählen etablieren will, bei dem der Fortgang der Geschichte in verschiedenen Medien abläuft, und der Nutzer -ähnlich wie bei einem Rollenspiel- Teil der erzählerischen Handlung ist. Wie interaktiv das Ganze dann wirklich wird, bleibt abzuwarten.

Kring erklärt seine Ideen in diesem Interview:

Da die Conspiracy for Good Kampange, technisch von Nokia ausgestattet wurde, ist die Erwähnung des Unternehmens nicht überraschend.

Viele Firmen unterstützen in den USA, wo Product-Placement nicht verboten ist, TV- und Filmproduktionen, wenn im Gegenzug ihre Produkte in den Filmen und Serien gezeigt werden.

Ein hässliches Wort

Ich bin heute beim stöbern in den Blogs auf einen Beitrag von Lena Chen gestossen, in dem es um ein Thema geht, dass offensichtlich in den USA für manche ein wichtiges ist: Interacial dating. Der Begriff bezeichnet das romantische Treffen (dating), oder eine Beziehung zwischen zwei Menschen unterschiedlicher “Rassen”.
Ich finde diesen Begriff sehr abstoßend, zum einen weil er -objektiv gesehen- falsch ist, und zum anderen, weil ich ihn für sehr rassistisch halte. Falsch ist er deswegen, weil er impliziert, dass es so etwas wie Rasse überhaupt gibt. Die moderne Biologie benutzt den Begriff analog zur Subspezies, und da ist es in der modernen Biologie so, dass diese Einheit der Taxonomie alle Menschen in der Subspezies Homo sapiens sapiens zusammenfasst. Als biologisches Konstrukt ist sie ohnehin nicht mehr als eine Konvention, und nicht wenige Biologen bevorzugen es von Populationen zu sprechen.
Auf den Menschen bezogen ist die Rasse als biologisches Merkmal objektiv nicht existent, existieren tut sie daher nur als soziales Konstrukt. Als soziales Konstrukt existiert sie allerdings vor allem in der Form des Rassismus, als eine Rechtfertigung, dass einige Menschen sich anhand willkürlich herausgegriffener Merkmale über andere erheben.
Bis hierher ist das nicht neu, aber es führt zu dem Grund, warum mich der Begriff des “interacial dating” so stört: Es verhilft eben diesem Rassismus zu einer scheinbaren Wahrheit, die ihm nicht innewohnt, und die ihm auch nicht gebührt.
Zum anderen gefällt mir der Begriff nicht, weil er die Einteilung in unterschiedliche Rassen unhinterfragt akzeptiert, und verdeutlicht wie sehr diese Art zu denken in den Köpfen verwurzelt ist.
Natürlich ist es unzweifelhaft so, dass Beziehungen zwischen Menschen, die unterschiedliche kulturelle Hintergründe haben, mitunter schwierig sein können, aber mit der Rasse hat das nichts zu tun.
Lena Chen, die sich von den Rasseideologien offenbar nicht blenden lässt, schreibt dazu:

But on the flip side, since most of my good friends from college come from totally different backgrounds (a good thing, I think!), then there ought to be no reason why I wouldn’t be able to have an equally intimate romantic relationship with someone who isn’t Asian or first generation American. So Patrick may not know firsthand what it’s like to be Asian, but neither do my best friends from Harvard, one of whom is a gay White male and the other a Black woman who grew up a Southern Baptist. (Talk about radically different life experiences!)

Nun glaube ich kaum, dass Lena sich auf ihren kulturellen Hintergrund bezieht, wenn sie sich selbst als “Asian” bezeichnet (sie ist ja Amerikanerin), sondern vor allem auf ihr äußeres Erscheinungsbild, und damit auf die Reaktionen ihrer Umwelt auf ihr asiatisches Aussehen. In dem Zusammenhang denke ich vor allem an den versteckten und offenen Rassismus der vielen Menschen tagtäglich entgegenschlägt, und den man sich  als Weißer nur schwer vorstellen kann.
Sowohl derartiger Rassismus, als auch die Gegenbewegung der Opfer, die leider allzuoft darin besteht sich als soziale Gruppe von anderen “Rassen” abzuschotten, werden von einem Wort wie “Interracial Dating” zementiert.

Digitale Zeitungen – Heute: Die Süddeutsche

Nach dem ich ja neulich bereits ausführlich über meine Erfahrungen mit der Zeit berichtet habe, und Bella von Brainweich.de den großen Online Zeitungstest angefangen hat, will ich heute mal die nächste Runde eröffnen. Heute im Test: Die Süddeutsche Zeitung.
Ein paar Dinge fallen erstmal Positiv auf, nachdem man auf der Homepage auf den Reiter E-Paper geklickt hat. Erstmal gibt es eine Demoversion der Online-Ausgabe, hier kann man sich eine ältere Ausgabe der Zeitung ansehen, und zwar so, wie sie dem Leser auch im Abo präsentiert wird. Damit muss man schon mal nicht die Katze im Sack kaufen, man kann direkt am Bildschirm ausprobieren, wie das Handling des Online-Druckwerks sich anfühlt. Letzteres nimmt sich allerdings bescheiden aus: Ein Facsimile der Originalzeitungsseite präsentiert sich als Thumbnail, umgeben von einigen mageren Java-Script-Bedienelementen. Das ist nicht nur nicht schön, sondern leider auch etwas sperrig zu bedienen. Die Seite skaliert gar nicht, was bei kleinen Bildschirmen dazu führt, dass der Anwender viel scrollen muss, um einzelne Artikel zu sehen, auf großen Bildschirmen ist dagegen die Schrift so klein, dass man die Schlagzeilen über den Artikeln kaum mehr lesen kann.
Klickt man einen Artikel in der Übersicht an, öffnet sich ein Fenster, in dem der Artikel angezeigt wird.
Das Inhaltsverzeichnis zur Linken springt dagegen nicht einzelne Artikel an, sondern ledigich die Rubriken, in die die Zeitung aufgeteilt ist.

Die Bedienelemente an der Seite jeder Zeitung erlauben das Betrachten der Seite in Orginalgröße, den Download derselben als PDF-Datei, und das umschalten zwischen der Betrachtung einer Einzelseite und einer Doppelseite. Der Einzelseitenmodus führt dabei jedoch nicht automatisch zu einer Vergrößerung der Darstellung -hier muss der Anwender das Werkzeig Groß auswählen, dass im Doppelseitenmodus nicht zur Verfügung steht.
Warum das zusätzliche Werkzeug Lupe nur im Einzelseitenmodus zur Verfügung steht, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Abonennten des E-Paper können sich im Abo-Bereich der Zeitung allerdings auch die vollständige Ausgabe als PDF herunterladen. Dabei werden, wie schon von der Zeit bekannt, die Zeitungsseiten als Facsimiles im PDF-Format dargestellt.
Eine interessante Variante stellt die sog. Textversion dar. Hierbei kann man die Zeitung Online in einem mobilgerätefreundlichen Format lesen; bereinigt um alle Bilder, so dass der Download der einzelnen Seiten nur wenige Kilobyte groß ist.
Ein weiterer schöner Service ist, dass man bei der Süddeutschen ältere Ausgaben der Zeitung als PDF erwerben kann, ohne ein Abo zu haben. Die PDF-Dateien werden mittels Click-and-buy einzeln bezahlt.

iPhone-Besitzer können bei der Süddeutschen sogar auf eine iPhone-App zurückgreifen. Wer sich die erstmal ansehen will, lädt sich die kostenlose Version herunter, diese bietet die Inhalte der Webseite, vermischt mit etwas Werbung.
Beim Start der Applikation muss man 10 Sekunden warten, uns eine Werbung für die Bezahlausgabe ansehen, danach hat man Zugriff auf alle Inhalte, die auch auf der Webseite zu sehen sind. Im wesentlichen scheint es sich bei der App um einen Wrapper für den Safari-Browser zu handeln, denn die Bedienung unterscheidet sich nicht sehr von der der Webseite. Allerdings sind hier die Schriftarten so gewählt, dass sie auf dem iPhone gut lesbar sind, und die Bilder angenehm herunterskaliert, so dass das Laden sehr schnell geht.
Alles in allem kann man die Zeitung so auf dem Display des iPhone gut lesen.  Die Startseite präsentiert die wichtigsten Schlagzeilen, und am oberen Rand ein Menü, aus dem man die Ressorts (Politik, Wirtschaft, Geld, Kultur etc) auswählen kann. Jedes Ressort ist durch eine Farbe gekennzeichnet, was die Orientierung innerhalb der Menüs erleichtert.
Wer mit seinem iPhone vertraut ist, wird wenig Probleme haben sich zurecht zu finden. Allerdings bietet die App wenig mehr als die Webseite selbst; zumal alle Inhalte direkt von der Webseite gezogen werden. Einer eigenen App hätte es dafür nicht gebraucht,  die mobilen Versionen z.B. der Tagesschau zeigen, dass sowas auch mit gutem CSS-Skripting geht. Auch Apples WebApps bieten diese Lösung, ohne über den Umweg des AppStore zu gehen. Offenbar ist das bei der Süddeutschen auch bekannt, denn -abgesehen von dem Apple-typischen Look-and -Feel, unterscheidet sich die mobile Version der Webseite, die Smartphone benutzer automatisch zu sehen bekommen, kaum vom Erscheinungsbild der App.

Die Gold-Version der App, kostet für 30 Tage nur 1,59€, und beinhaltet keinerlei Abo-Verpflichtung. Gegen den Preis ist eigentlich nichts einzuwenden, allerdings bekommt man auch wenig Mehrwert: Die App kündigt einen Offline Modus an, in dem die Artikel heruntergeladen und gespeichert werden können, einen konfigurierbaren Dienst für Push-Benachrichtigungen, durch den man sich über Beiträge zu seinen Interessenfeldern benachrichtigen lassen kann, und individuell einstellbarer Schriftgröße. Einen Zugriff auf Premium-Inhalte, sowie
grundlegende Funktionen, wie das anlegen von Lesezeichen, dass im Browser kein Problem darstellt, sucht man in der App indes vergebens.

Alles in allem ist die Idee der App ein schöner Ansatz um die wachsende Gemeinde von iPhone- und Smartphonebenutzern anzulocken, allein es mangelt an der Umsetzung. Selbst der günstige Preis von 1,59€ rechnet sich nicht, wenn man auf der Mobilversion der Webpräsenz dieselben Inhalte präsentiert bekommt, und dabei sogar auf Funktionen wie Lesezeichen zurückgreifen kann.
Die skalierbare Schriftgröße dürfte für die wenigsten User entscheidend sein, weil die Defaultdarstellung bereits gut lesbar ist, die Inhalte der Webseite zu speichern macht nur in ausnahmefällen Sinn, haben deutsche iPhone-Besitzer doch in der Regel ohnehin einen großzügigen Volumenvertrag, ohne den man das iPhone ja gar nicht kaufen kann, und ob man für die Push-Benachrichtigungen Geld ausgeben will bleibt jedem selbst überlassen.

Fazit: Sowohl bei der ePaper-Ausgabe als auch bei der iPhone-App sollte die Süddeutsche mehr Mut beweisen. Mit einer App, die nur Zugriff auf Inhalte bietet, die der Nutzer ohnehin auf der Webseite lesen kann, und die dabei noch weniger komfortabel ist als der Webbrowser wird man kaum zahlende Leser anlocken können, das wird auch als Testballon, ob die Leser so ein Angebot annähmen nicht funktionieren. Dabei bietet besonders die App viele Chancen, auch für Payed-Content. Ich könnte mir zum Beispiel ein Micropaymentmodell vorstellen, bei dem ich nur für die Artikel bezahle, die ich wirklich herunterlade. Überschreite ich dabei ein bestimmtes Volumen, wird automatisch die komplette Ausgabe gekauft (einige Mobilfunkanbieter bieten solche Tarife für’s telefonieren an, wieso nicht auch bei Zeitungen). Apples iPhone OS bietet diese Möglichkeiten an. Dann sollte die App eine bequeme Lesezeichenfunktion bieten, und z.B. auch einen Zugriff aufs Archiv. Zudem könnte man der App einen Zugriff auf die Kommentarfunktion der Webseite spendieren, so dass auch Online-Leser sehen können, was andere Leser so zu den Themen sagen. Zudem wäre ein Feature interessant, bei dem man seine besonderen Interessengebiete angibt, und so eine individualisierte Startseite bekommt.
Leider ist die App von diesen Vorschlägen noch meilenweit entfernt, und so fürchte ich, wird das Projekt am Ende unter den üblichen Wehklagen eingestellt, die User würden ja nichts bezahlen wollen.

“Wir wissen doch am besten was gut für dich ist”

Das belgische Unterhaus hat am vergangenen Freitag einstimmig für ein Gesetz gestimmt, dass die Vollverschleierung von Frauen, bei der auch das Gesicht verschleiert wird, vollständig verbietet. Zuwiderhandlungen können mit bis zu 140€ oder 7 Tagen Gefängnis bestraft werden.
Ziel des Gesetzes ist ein umfassendes Verbot der, in einigen Kulturen üblichen, Verschleierung wie zum Beispiel der in Afgahnistan verbreiteten Burka, einem Kleidungsstück das im Westen vor allem mit dem Terrorregime der Taliban in Verbindung gebracht wird. Auch der Niqab, der anders als die Burka kein vollständiges Gewand ist, sondern ein Tuch das der Verschleierung des Gesichts dient, und meist zusammen mit einem weiten Gewand und einem Kopftuch getragen wird, soll von dem Verbot betroffen sein.

Daniel Bacquelaine, Fraktionschef der liberalen belgischen Partei MR, der Maßgeblich an dem entstehen des Gesetzes mitgewirkt hat, sagte, die Vollverschleierung von Frauen sei ein Verstoß gegen die Grundwerte der belgischen Gesellschaft.
Wasser auf die Mühlen der rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien. So hieß es von der rechtsextremen flämischen Partei Vlaams Belang, das Gesetz sei “erster Schritt gegen die Islamisierung Belgiens”.

Auch andere europäische Länder planen ein Verbot des Kleidungsstückes. Auch in Deutschland ist die Diskussion mittlerweile angekommen. Silvana Koch-Mehrin (FDP) die Vizepräsidentin des EU-Parlaments wünscht sich, dass das Gesetz in ganz Europa durchgesetzt wird. Der Bild am Sonntag sagte sie:

Ich wünsche mir, dass auch in Deutschland und in ganz Europa das
Tragen aller Formen der Burka verboten wird. Wer Frauen verhüllt, nimmt
ihnen das Gesicht und damit ihre Persönlichkeit.

Aus westlicher Perspektive ist dies sicher erst einmal richtig. Aus solchen Worten spricht zunächst erst einmal das westliche Selbstverständnis von Frauen, über ihren eigenen Körper, und damit auch über dessen Erscheinungsbild, frei und unabhängig verfügen zu dürfen. Vor allem vor dem Hintergrund des archaischen Weltbildes der Taliban, durch die Kleidungsstücke wie die Burka im Westen zu trauriger Berühmtheit gelangten, ist diese Form der Bekleidung als Symbol der Unterdrückung von Frauen  für eine freiheitliche Gesellschaft nicht tolerierbar. Und doch steckt das Burka-Verbot gerade deshalb voller Widersprüche. Für Koch-Mehrin, und viele andere Befürworter eines Vorbots, begründet sich das Verbot damit, dass das erzwungene Tragen eines Schleiers das Recht der Frau auf die Verfügungsgewalt über ihren eigenen Körper einschränkt.
Genau da liegt aber das Problem: Mit dem Verbot der Burka, geht man gegen diese Beschneidung der Persönlichkeitsrechte von Frauen vor, in dem man eben diese Persönlichkeitsrechte an anderer Stelle beschneidet: Die Entscheidung ihr Gesicht nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen, wird den betroffenen Frauen damit nämlich genommen. Eine Unfreiheit also mit einer anderen bekämpft.
Das das nicht bloß Theorie ist, kann man schön sehen, wenn man ein Beispiel des US-amerikanischen Bloggers Jeff Jarvis heranzieht, dass dieses als das German-Paradox bezeichnet hat: Einerseits wird in Deutschland viel Wert darauf gelegt, dass persönliche Daten vertraulich bleiben, andererseits ist es in Deutschland völlig normal, in eine gemischte Sauna zu gehen, ohne sich dabei seiner Nacktheit zu schämen. Für einen US-Amerikaner wäre Letzeres unvorstellbar: Das Tabu der Nacktheit ist dort so groß, dass es schambesetzt ist, mit Männern und Frauen in der gleichen Sauna zu sitzen.
Nun würde vermutlich keiner auf die Idee kommen, Amerikanern in Deutschland das Benutzen von getrennten Saunen zu verbieten.
Für Menschen, die in einem Kulturraum groß geworden sind, in dem das Zeigen des unverhüllten Gesichts entsprechend schambesetzt ist, kommt ein Verbot des Schleiers etwa einer gesetzlichen Verpflichtung gleich, nackt herumzulaufen.
Das Gesetz schränkt also nicht nur die Freiheit der betroffenen Frauen ein, es demütigt sie zudem noch.

Als Atheist stehe ich religös begründeten Bekleidungsvorschriften grundsätzlich sehr kritisch gegenüber, und auch ich sehe diese Vorschriften in vielen Bereichen als ein Instrument männlicher Herrschaft an, das entgültig in die Mottenkiste der Geschichte gehört; zusammen mit Genitalverstümmelung und dem chinesischen Fußbinden (das es zum Glück seit 60 Jahren nicht mehr gibt).
Allein zweifle ich, das der Weg eines radikalen Verbots daran etwas ändern wird. Stattdessen erreicht so ein Verbot nur, dass Frauen, die eventuell schon in ihrem Umfeld unter gewaltigem sozialen Druck stehen, noch mehr unter Druck gesetzt werden, weil sie nun widersprechenden Regeln folgen müssen: Dem von ihrem sozialen Umfeld auferlegten Zwang zum Schleier, und dem Verbot diesem Zwang nachkommen zu dürfen.
Für viele wird das Gefühl der Demütigung dazu kommen, wenn sie vom Staat praktisch aufgefordert werden, sich in aller Öffentlichkeit nackt zu zeigen. In den Bereichen, in denen entsprechende Werte gelebt werden, könnte dies dazu führen, dass die Frauen praktisch unter Hausarrest gestellt werden, was der Idee der Integration nicht gerade förderlich wäre.
Und zu guter Letzt wird diese Diskussion in epischer Breite von allen gesellschaftlichen Schichten geführt, nur die Frauen um die es geht, die haben mal wieder keine Stimme.
Ich habe noch keinen einzigen Kommentar von einer Frau in den Medien gehört, die selbst eine Burka oder einen Niqab trägt, und ihre Meinung dazu vertritt.
Aus dieser Haltung spricht nicht nur eine gehörige Portion Arroganz, sondern auch die Angst vor dem Islam. Es sind weniger die Rechte der Frauen, die hier im Vordergrund stehen, als die eigene Angst und Verunsicherung. In Belgien, das selbst stark mit seiner inneren Zerrissenheit kämpft, ist vermutlich auch eine Menge Politik im Spiel: Lenke den Zorn des Volkes ab, vom eingenen Unvermögen.