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Christlicher Terrorismus

Mittwoch, 3. Juni 2009

Über Abtreibung gibt es viele Meinungen. Auf der einen Seite sind da diejenigen, die sich für liberale Abtreibungsregelungen einsetzen, auf der anderen Seite die Gegner von Abtreibung, die oft in religösen Kreisen zu suchen sind. Wirklich gute Argumente haben in der beide Seiten nicht. Der einzig sinnvolle Ansatz, den ich zu dem Thema gelesen habe, stammt von Carl Sagan, und ist bereits über 10 Jahre alt.

Wie es immer ist, wenn Probleme komplex werden, tendieren die Menschen dazu, einfache Lösungen zu suchen, wo es keine gibt. Während viele Befürworter eine “Mein-Körper-Gehört-Mir”-Haltung einnehmen, stellt die katholische Kirche auch schon mal das Leben eines ungeborenen über das eines vergewaltigten Kindes.

Da kann bei rechtschaffenen Bürgern das leidenschaftliche Vertreten der eigenen Meinung schnell mal in blinden Fanatismus umschlagen. Leider kann man das bei der amerikanischen “Pro-Life”-Bewegung nur zu deutlich beobachten. Teile der Bewegung glauben im Auftrag des Herrn unterwegs zu sein, und  seit Jahren verüben christliche Extremisten Anschläge auf  Kliniken, in denen Abtreibungen durchgeführt werden.

Am vergangenen Sonntag erreichte dieser Extremismus einen erneuten Höhepunkt, als der Arzt Dr. George R. Tiller ausgerechnet während eines Gottesdienstes in seiner Heimatstadt Wichita, Kansas niedergeschossen und dabei tödlich verletzt wurde. Tiller war Medizinischer Direktor einer Klinik in Wichita, der “Women’s Health Care Services”, einer von drei Kliniken in den USA in denen Abtreibungen nach der 21. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden können.  Dies ist in den USA erlaubt, wenn es medizinische Indikationen für einen Schwangerschaftsabbruch gibt, oder die Mutter z.B. Opfer einer Vergewaltigung ist. Tiller hat viele Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, jedoch stets im Rahmen des gesetzlich Erlaubten. Nach eigenen Aussagen hatte Tiller, der sich ursprünglich auf Dermatologie spezialisieren wollte, die Praxis seines Vaters übernommen, nachdem er eine Frau behandeln mußte, die nach einer illegalen Abtreibung durch einen “Engelmacher” schwer verletzt wurde.

Dies war nicht der erste Anschlag auf Tillers Leben, bereits 1993 schoß die “Pro-Life”-Aktivistin Shelley Shannon Tiller in beide Arme (Shannon wurde zu 11 Jahren Haft verurteilt).

Die Reaktionen auf den Tod Tillers sind unterschiedlich. Während sich die meisten großen “Pro-Life” Organisationen beeilten, sich von der Tat mehr oder minder halbherzig zu distanzieren, machen andere, wie Wiley Drake, keinen Hehl daraus, wie glücklich sie über Tillers Tod sind:

Would you have rejoiced when Adolf Hitler died during the war? … I would have said, “Amen, praise the Lord, hallelujah, I’m glad he’s dead.”

This man, George Tiller, was far greater in his atrocities than Adolf Hitler. So I am happy. I am glad that he is dead. Now I am sad that he went to hell, because he had a choice just like everybody else did. He could have chosen Jesus Christ and when he died went to heaven. But he chose the devil. He chose to neglect, he chose to reject Jesus Christ. And therefore on Sunday morning when he breathed his last breath there in the Lutheran church, he breathed his last breath, and he slipped into the presence of the devil. And I have a strange hunch and a strange feeling that there is a special, superheated, super-hot place in hell for people like George Tiller.

Die geradezu kindliche Freude, mit der Drake sich Tillers Höllenqualen ausmalt, der triefende Hass mit dem Drake hier auf den Gefühlen von Tillers Familie herumtritt, entlarvt seine Behauptung “für das Leben” einzutreten lügen.

Die Convenant-News dagegen weiden sich an der “Ironie”, daß Tiller ausgerechnet in einer Kirche starb, wo er doch in einem Haus “gemordet” habe, daß dem Humanismus geweiht sei.

Man mag zu dem Thema Abtreibung stehen wie man will, aber ich kann an dem kaltblütigen Mord an einem Menschen, dazu noch in einer Kirche, die vielen Menschen ein heiliger Ort ist, wahrlich keine Ironie erkennen, lediglich menschenverachtenden Zynismus.