Das darf natürlich nicht so sein. Aussagen wie diese hört man von Politikern in letzter Zeit ständig. Tatsächlich ist das Internet aber alles andere als das. Es ist eher so überreguliert, dass es ein “rechtswidersprüchlicher Raum” (Juristen mögen mir diese Wortschöpfung verzeihen) geworden ist. Wie die teils völlig widersinnige Rechtssprechung zu diesem Thema einen normalen Blogger in die Bredoullie bringen kann, erlebt derzeit Stefan Niggemeier, Publizist und Blogger, bekannt vor allem durch bildblog.de. Im Jahr 2007 wurde Niggemeier vom Landgericht Hamburg dazu verurteilt, in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass auf der Kommentarseite seines Blogs keine rechtswidrigen Äußerungen mehr veröffentlicht werden. Geklagt hatte die Firma Callactive, nicht etwa wegen der von Niggemeier angebrachten Kritik an deren Hotbutton-System, sondern wegen eines Kommentars eines erbosten Nutzers, der sich wohl von Callactive über den Tisch gezogen fühlte, und in den Kommentaren zu Niggemeiers Blog seinem Ärger Luft gemacht hatte. Niggemeier hatte den fraglichen Kommentar, der in der Tat rechtswidrige und wohl auch ehrverletzende Äußerungen enthielt, unmittelbar nach Kenntnisnahme gelöscht.
Callactive reichte das aber nicht, stattdessen klagte man vor dem Landgericht Hamburg auf Unterlassung, und bekam Recht. Die ziemlich weitgehende Vorstellung des Hamburger Landgerichts von Störerhaftung, stieß damals auch in Fachkreisen auf Verwunderung. Der Fall ist bis heute nicht letztinstanzlich verhandelt.
Niggemeier hat in der Zwischenzeit einen “Mittelweg” gefunden, dazwischen die Kommentarfunktion abzuschalten, und erneute rechtswidrige Kommentare zu riskieren: Jeder User der einen Kommentar abgeben will, muß eine gültige E-Mail Addresse angeben. Ist ein User zuvor negativ aufgefallen, kann die Addresse auf eine Moderationsliste gesetzt werden, und der Kommentar muß vom Moderator freigegeben werden.
Das hat nun wieder den Datenschützer von Berlin, Alexander Dix, auf den Plan gerufen:
“Sehr geehrter Herr Niggemeier, ein Nutzer Ihres o.g. Internet-Angebots hat sich an uns gewandt und die Vermutung geäußert, bei der Nutzung Ihres Internetangebotes würden rechtswidrig IP-Adressen der Nutzer gespeichert. [...] Darüber hinaus erheben Sie [...] eine E-Mail-Adresse.”
So heißt es in dem Brief, den Niggemeier bereits im November 2008 erhielt. Die IP und E-Mail -Addressen dürfe er nicht speichern, ja nicht einmal erheben. Wie Niggemeier dann trotzdem die Auflagen des Hamburger Landgerichts erfüllen könnte, ohne jeden Tag mehrere Stunden mit der Sichtung von Kommentaren zu verbringen, konnte Dix auch erklären: Niggemeier könne eine gut sichtbare Warnung auf der Seite anbringen, dass hier persönliche Daten gespeichert würden. Genau das hat der Grimme-Onlinepreisträger nun getan, auf eine langwierige rechtliche Auseinandersetzung hat er verständlicherweise keine Lust.
“Ich finde es erstaunlich, wie viel man mit Anwälten, Abmahnungen, Bußgeldandrohungen und Gerichtskosten zu tun hat in diesem angeblich so rechtsfreien Raum Internet”, sagte Niggemeier.