Von Tür zu Tür

„An diesem Tag fingen die Deutschen mit etwas Neuem an. Sie haben den gesamten Süden Amsterdams abgeriegelt, morgens um fünf, als alle Bewohner noch schliefen. Und sie gingen von Tür zu Tür, klingelten und fragten: ‚Wohnen hier Juden?’ „So? Sie haben zwanzig Minuten Zeit, nehmen Sie einen Rucksack, packen sie höchstens 20 kg ein und kommen Sie schnell nach draußen.’ Das war in unserer Wohngegend, wir mussten also auch packen. Kein Pass oder etwas anderes konnte uns noch helfen. Wir bekamen nur wenig Zeit und mussten mit. Wir glaubten wirklich, sie würden uns in ein Arbeitslager bringen.“

Erinnerungen von Hannah Pick-Goslar, einer Freundin von Anne Frank

Ich bringe eigetmlich ungern Nazi-Vergleiche, aber sollte sich die Meldung bestätigen, die Fefe da verlinkt hat, drängt sich einer auf. Laut der Meldung bei rop hat die Stadtgemeinde Den Haag eine “Eingreiftruppe” gegründet, in der Mitarbeiter der Sozialämter, Polizei und eine paar andere offizielle in sog. “Problemvierteln” (”krachtwijken”, niederl. wörtl. “Kraftviertel”, wird im Niederländischen gern als Euphemismus für Problemviertel verwendet) von Haus zu Haus ziehen und unangemeldet Hausdurchsuchungen macht. Ganz ohne Anfangsverdacht, und natürlich ohne richterlichen Beschluß. Wer die nicht reinläßt bekommt einen bösen Brief, in dem jedem Hausbewohner der sich widersetzt allerlei Unbill angedroht wird. In rop’s Blogeintrag ist der Brief auch ins Englische übersetzt.

Ehrlich gesagt, mir fällt es schwer diese Geschichte zu glauben. Zum einen, weil eine intensive Google Recherche immer nur Beiträge zu Tage fördern, die auf den urspünglichen Eintrag bei rop verweisen, und zweitens weil mein Verstand vielleicht nicht wahrhaben will, daß es in einem europäischen Land, das lange als Musterdemokratie galt, möglich ist, daß die Behörden nach Belieben in Wohnungen ein- und ausgehen dürfen, ohne daß dafür eine rechtsstaatliche Grundlage existiert. Obwohl die deutschen Hartz-IV Regelungen ja auch nicht unbedingt weit von solchen Zuständen entfernt sind.

Die Seite, auf der eine unscheinbare Pressemitteilung auf das Vorhaben hinweist, gehört jedenfalls wirklich der Den Haager Stadtverwaltung.

Wie gesagt, ich bin vorsichtig, was diese -unbestätigte- Meldung angeht. Wenn das eine Ente ist, dann eine gute, denn auch dann stimmt sie nachdenklich: Wie muss ein Staat mit seinen Bürgern umgehen, dass diese ihm absolut jede Sauerei zutrauen? Das sollte den verantwortlichen Politikern wahrhaft zu denken geben. Die traurige Realität ist: Schriebe man “Kinderschutz” oben drüber, hielten Frau von der Leyen und ihre Parteifreunde das Ganze vermutlich noch für eine gute Idee.

Sollte die Geschichte stimmen, frage ich mich: Wo bleibt der Aufschrei? Warum lassen sich die Niederländer das gefallen? Wo sind die Fernsehbilder protestierender Bürger?

Ich habe am Anfang ein Zitat von Hannah Pick-Goslar gebracht, die eine enge Freundin von Anne Frank war, obwohl ich eigentlich nichts von Vergleichenmit der NS-Zeit halte. Aber das erste was mir durch den Kopf ging war: “Jetzt geht es wieder los.” Das letzte Mal als in den Niederlanden die Polizei willkürliche Hausinspektionen durchgeführt hat, war es die deutsche Gestapo, die in jedes Haus ging, mit der Frage “Wohnen hier Juden?”

Die Tatsache, dass es soweit gekommen ist in Europa, dass ich auch nur erwäge eine derart haarsträubende Meldung zu glauben, einfach weil ich den Regierungen in Europa sowas zutraue, läßt mich -besonders mit dem Schicksal von Anne Frank und Hannah Pick-Goslar vor Augen, erschaudern.

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3 Antworten zu “Von Tür zu Tür”

  1. Foxxi sagt:

    Auch ich warte mit einer Kommentierung dieser Geschehnisse noch ab, weil auch ich es nicht richtig glaube kann. Fefe hat ja dann nochmal mit dem “elektronischen Kinderdossier” nachgelegt (http://blog.fefe.de/?ts=b4aa344b), auch hier vermisse ich Reaktionen von Seiten der Bürger (vielleicht suche ich auch nicht richtig, ich kann ja auch kein niederländisch).

    Sollte sich das alles als wahr erweisen, dann ist Dein Nazi-Vergleich in jeder Hinsicht richtig. In einer Demokratie gibt es so etwas nicht nur in der Diktatur und der Zweck ist immer der Gleiche: Menschen zu zerstören!

  2. Sab sagt:

    Die Geschichte stimmt insofern, als dass die “Problembezirke” tatsächlich systematisch überprüft werden. Die Kontrolleure gehen allerdings nicht von Tür zu Tür, sondern nur wenn durch einen Abgleich von verschiedenen (mir unbekannten) Daten der Verdacht entsteht, dass da etwas sein könnte. Habe da mal ein bißchen recherchiert: http://brainweich.de/?p=469

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