Der Berliner Tagesspiegel berichtet heute über eine Kampange der berliner NPD, bei der an den Grünenabgeordneten Özcan Mutlu ein Brief versandt wurde, der ihn zur “Heimreise” auffordert, und in Aufmachung und Textform wohl an die Schreiben der Ausländerbehörde angelehnt ist. In dieser “Bekanntmachung” werden die Empfänger der Briefe darüber informiert, dass sie im Rahmen eines “5-Punkte-Plans” wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt würden. Um Unterkunft und Arbeit sollen sie sich bereits jetzt kümmern.
Die NPD bekennt sich zu der Aktion, als Verantwortlicher ist der Landesvorsitzende der Berliner NPD, Jörg Hähnel, genannt. Laut Hähnel sollen in den nächsten Tagen noch weitere berliner Bürger mit Migrationshintergrund das Schreiben erhalten.
Die berliner Staatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen gegen Hähnel eingeleitet, es besteht der Verdacht der Volksverhetzung. Es ist nicht das erste Mal das Hähnel mit dem Gesetz in Konflikt gerät: Bereits zweimal wurde er verurteilt, unter anderem wegen der Billigung von Straftaten; allerdings sind die Urteile beide noch nicht rechtskräftig.
Die Aktion erinnert an eine Provokation vom August, bei der die Thüringer NPD den aus Ghana stammenden CDU Abgeordneten Zeca Schall bedroht hatte. Die NPD hatte damals verlauten lassen, man wolle Schall “zu Hause besuchen” und “zur Heimreise animieren”.
Fast ebenso erschreckend wie die Aktion der NPD sind die, wenigstens unsensiblen, Reaktionen mancher Zeitungsleser hierauf. So schreibt, in der Kommentarfunktionvon ZeitOnline, der ZeitOnline-Leser papacello
Aussagen von Politikern mit Migrantenhintergrund wie “Die haben immer noch nicht verstanden, dass dieses Land auch unser Land ist” (Mutlu) sind missversändlich und nicht dazu angetan, zur sachlichen Auseinandersetzung beizutragen.
Man stelle sich einmal umgekehrt vor, dass in die Türkei emigrierte Deutsche und dort als Politiker sozialisierte Menschen vor Ort den gleich Spruch losließen…
gerade so, als sei Mutlu nun selber schuld, zur Zielscheibe der Rechten zu werden, wenn er solche Aussagen tätigt.
papacello vergisst dabei, dass zum einen Özcan Mutlu laut seiner Biographie bereits seit 1990 deutscher Staatsbürger ist, und übersieht zum anderen, dass es doch genau diese Form gesellschaftlicher Partizipation ist, nämlich das Land in dem man lebt als “sein Land” zu begreifen, die konservative Politiker von Menschen mit Migrationshintergrund andauernd fordern. Wenn dann jemand das tatsächlich für sich umsetzt, ist es offenbar auch nicht recht.
Ich habe Özcan Mutlu mal gefragt, ob er mir den Wortlaut des NPD-Schreibens zur Veröffentlichung zukommen lassen will.
Update: Herr Mutlu war so freundlich, mir einen Scan des NPD -Schreibens zur Verfügung zu stellen (“Bekanntmachung” der NPD (PDF)). Als ich den Text auf der ersten Seite gelesen habe, ist mit fast mein Mittagessen wieder hochgekommen. Allzusehr erinnert mich der Text an nationalsozialistische Hetze im Stile von “Deutsche, kauft nicht bei Juden!”, mit sich der die NSDAP schon vor Hitlers Machtergreifung 1933 ihren Wählern “empfohlen” hat.
Auf der Rückseite des Schreibens druckt die NPD ihren “5-Punkte-Plan” (der auf der Vorderseite des Schreibens nur 4 Punkte hat) ab, der -in ungelenker Sprache- erklärt, wie sich die NPD die “Rückfühung” von Ausländern vorstellt. Ob der Partei der klein auf der Rückseite des Schreibens angebrachte Hinweis, es handele sich nicht um ein amtliches Schreiben, hilft, darf angezweifelt werden, die berliner Staatsanwaltschaft hat in den letzten Tagen bereits eine Durchsuchung der Parteizentrale der NPD durchgeführt, und ermittelt nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung.
Die unrühmliche Aktion der Nazis beschäftigt nun auch ausländische Medien. So hat die britische BBC bereits ausführlich berichtet.
Hoffentlich begreift nun auch der letzte Wähler, dass man Parteien wie der NPD und ihren Brüdern im Geiste seine Stimme nicht gibt!