Archiv für Juni 2009

Antwort von Marieluise auf die offene E-Mail

Es gibt eine Antwort auf die offene E-Mail an Marieluise Beck. Wir werden gebeten einen Link auf Marieluises Erklärung zu ihrer Enthaltung zu setzen:
http://www.marieluisebeck.de/pers_erkl_gesetz_kinderpornographie.

Zuvor hatte sie sich nach einer Veranstaltung mit Peter Schaar in Bremen die Zeit genommen, um mit knapp zwanzig anwesenden Gegnern einer Internetzensur zu diskutieren. Kurzfassung: Grund ihrer Enthaltung war die fehlender Rechtsstaatlichkeit bei dem Vorhaben. Um ein deutliches Signal in der Gesellschaft gegen die sogenannte Kinderpornografie zu setzen, hatte sie nicht gegen das Gesetz gestimmt. Dass mit dem Löschen von Darstellungen sexueller Gewalt gegen Kinder aus dem Internet sich diese wesentlich besser bekämpfen lassen, war ihr nicht ausreichend bekannt, was die Überraschung des Abends war.

Es ist völlig in Ordnung, wenn man mit Gesetzen lediglich Signalwirkungen setzen will. Nur dieser Schuß ging leider nach hinten los.

Kernkraft aufs Dach steigen

Beim Besuch der Eltern an der Nordsee war diesmal richtig etwas los: In der Nähe strahlt nämlich ein Uralt-Kernkraftwerk, dessen Haltbarkeit überschritten (pdf) ist, trotzdem aber weiter betrieben werden soll. Auf einer Info-Veranstaltung erklärte hierzu die Pressesprecherin des KKW Unterweser, dass Laufzeiten von 60 Jahren unproblematisch seien. Sie verstummte aber nach der Zwischenfrage aus dem Publikum, ob ihr Kühlschrank auch 60 Jahre alt sei. Bei der Debatte um die Laufzeitverlängerung ist neben spröden Kabeln die Stabilität der Betonkuppel ein Thema, da man aufgrund ihrer Dünne problemlos bis zu den Reaktorstäben hindurch fliegen kann. Vernebelt sollte dieses Problem mit dem Abfackeln von Nebelkerzen werden. Die GRÜNEN der Nachbargemeinde spotteten:

Nebelanlagen sind vom Militär entwickelt worden, um bewegliche Objekte wie Kriegsschiffe unbeobachtet ihren Standort wechseln zu lassen. Müßig zu sagen, dass das KKW unverrückbar auf seinem Platz steht und von jedermann problemlos per GPS zu finden ist, gleich ob im Nebel oder nicht.

GREENPEACE setzte nun einen drauf und ist dem KKW Unterweser auf die Kuppel gestiegen, um auf die Verwundbarkeit von Kernkraftwerken hinzuweisen. Erst 14 Stunden später wurden sie von einem Sondereinsatzkommando auf den Boden verfrachtet. Der örtlich Buschfunk bestätigte, dass GREENPEACE mit einem Bus früh morgens vorgefahren ist, sich beim verdutzten Pförtner vorstellte und dann das Gelände ungestört mit 60 Personen stürmte. Der Witz in Tüten ist nun die Ausrede, wie es überhaupt dazu kommen konnte:

Laut dem Betreiber E.on sei das Eindringen auf das Gelände vorschriftsmäßig von einem sogenannten Detektionszaun erkannt worden. Durch ein gestaffeltes Sicherheitskonzept sei das Vordringen in sicherheitstechnisch relevante Bereiche verhindert worden. Da die Eindringlinge eindeutig als Umweltaktivisten erkannt worden seien, habe das Unternehmen auf eine Räumung der Kuppel verzichtet. Das Kernkraftwerk laufe weiterhin ungestört im Volllastbetrieb, hieß es. Am Mittag befanden sich noch rund 20 Aktivisten auf der Kuppel und brachten dort symbolisch einen Totenkopf an.

Sicherlich nur Zufall, dass die Website des KKW Unterweser derzeit nicht erreichbar ist (Wurde von Google zuletzt am 23. Juni 2009 03:06:54 GMT gesichtet). Bessere Infos zu dem Schrotthaufen gibt es sowieso hier: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/sand/SAND-Dateien/AKW_Unterweser.html

Volker Pispers und Zensursula

Volker Pispers hat es geschafft, in einem kurzen Beitrag für Radio WDR 2 die Sinnlosigkeit von Internetsperren so gut zusammenzufassen, daß selbst der bildungsfernste Hörer noch kapieren sollte, wieso das Zensursulagesetz kompletter Schwachsinn ist:

Besonders treffend erläutert er das Stoppschild:

“Das Stoppschild kennen Sie aus dem Straßenverkehr. Es heißt nicht “Durchfahrt verboten” oder “Straße gesperrt”, es heißt man soll anhalten, sicherstellen, daß keiner kommt, und dann in Ruhe weiterfahren.”

Peinlichkeiten gestrichen, aber Datenschutz ist noch immer Täterschutz

Die CDU hat ihr verändertes Wahlprogramm vorgestellt. Was Internetpolitik angeht hat sich eigentlich nichts geändert, außer das man den Verweis auf die französische “Three-Strikes”-Regelung erstmal gestrichen hat.  Die umstrittene Passage in dem Entwurf lautete:

“Wir möchten nach britischem und französischem Vorbild Rechtsverletzungen effektiv unterbinden, indem die Vermittler von Internetzugängen Rechtsverletzer verwarnen und nötigenfalls ihre Zugänge sperren”

Diese Passage hat die CDU nun aus ihrem Wahlprogramm gestrichen. Monika Krogmann, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, begründete das damit, es sei “falsch und nicht machbar, im Internet unliebsame Inhalte durch Sperren oder das Kappen von Verbindungen zu unterdrücken”. Hat also die CDU/CSU plötzlich gemerkt, daß es nicht in Ordnung ist, in einem Rechtsstaat einfach hoheitliche Aufgaben in die Hände einer privaten Lobbyorganisation zu legen?

Oder hat der Rückzieher eher damit zu tun, das sich die Verfechter derartigen Unfugs vor kurzem vor dem französischen Verfassungsgericht eine blutige Nase geholt haben? Der Rest des Entwurfs spricht jedenfalls deutlich dafür, dass man hier bloß eine Peinlichkeit verschleiern will, hatte man doch Tage nach dem französischen “HADOPI” Urteil noch explizit auf das französische Gesetz Bezug genommen. Jetzt will das natürlich bei der Union keiner mehr wissen, frei nach dem “Übervater” der Partei, Konrad Adenauer: “Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?”

Nun ja, daß die Union gut im Verdrängen ist, wissen wir ja spätestens seit letzter Woche.

Natürlich ändert sich ansonsten wenig. Das Internet darf weiterhin kein “rechtsfreier Raum” sein. Auch die, ebenso hohle, Phrase “Datenschutz darf kein Täterschutz sein” findet sich unverändert im Programm.

Dieser blühende Unsinn, erinnert mich an eine Episode vor dem BCC beim 24C3. Dort stand an der Ampel vorm Alexa ein älterer Herr, schätzungsweise mitte-ende siebzig, und schwang, als wir auf dem Rückweg von einer Kundgebung waren, seinen Stock hinteruns her und rief: “Ihr nehmt doch alle Drogen!”. Dieser Herr ist vermutlich die Zielgruppe dieses Wahlkampfes.

Nationale Whitelist für die Jugend?

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Beeindruckt von Chinas Taktik ihrem Volk “freiwillig” eine weiter Zensurinfrastruktur sowie einen Volksrepublikstrojaner unterzujubeln, reißt NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) mit folgender Meldung das Sommerloch auf:

Der Minister verwies in diesem Zusammenhang auf das gut funktionie­rende System des Jugendmedienschutzes bei Computerspielen und Kinofilmen (DVD´s): „Hier werden fast alle Produkte, die auf den Markt kommen zur Beurteilung vorgelegt. Für das Internet muss ein vergleich­bares System entwickelt werden.“ Bedenken, dies sei nicht zumutbar oder rechtlich nicht möglich, wies der Minister zurück. „Aus meiner Sicht sollte es jedem Anbieter frei stehen, seine Angebote zuklassifizieren. Wenn er es nicht tut, aus welchen Gründen auch immer, würden seine Inhalte durch Programme herausgefiltert und Kindern nicht zugänglich gemacht.“

Einziger Unterschied zu China ist, dass nicht eine Blacklist sondern gleich eine Whitelist zur atmosphärischen Einstimmung auf alles Folgende eingesetzt werden soll. China hält trotz nicht abreißender Kritik an der Einführung der “Filtersoftware” die angeblich lediglich dem Jugendschutz dient fest.

Merkel rettet die Demokratie im Iran

merkel-iran-zensur

“Deutschland steht auf Seiten der Menschen in Iran, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausüben wollen”, so Merkel bei der Präsentation ihrer Iran-Politik.

(via)

Quo vadis, Informationsfreiheitsgesetz?

Im Gegensatz zu den sehr umfassenden Ausdrücken Informationszugang oder Informationsfreiheit im Alltag beziehen sich die Informationsfreiheitsgesetze lediglich auf die rechtliche Regelung des Zugangs der Bürgerinnen und Bürgern zu den Informationen über die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung. Hintergrund ist die in vielen westlichen Demokratien vorherrschende Auffassung, dass von der Verwaltung gesammelte und erzeugte Informationen internes Wissen darstellt und nur aus besonderen Grund an berechtigte Externe weitergegeben werden darf – ein Relikt aus den Zeiten der Monarchien. Demgegenüber können Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte der Mitbestimmung und Kontrolle staatlicher Stellen in einer repräsentativen Demokratie nur ausüben, wenn sie sich über deren Tätigkeiten informieren können. Aus diesem Grund hat Schweden schon 1766 den Zugang zu Unterlagen aus der Verwaltung als Grundrecht verankert und 239 Jahre später der Bundestag ein Informationsfreiheitsgesetz für Bundesbehörden geschaffen. Mittlerweile haben 11 Bundesländer ähnliche Gesetze für ihre Landesbehörden.

Die heute stattfindende Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten der Bundesländer hat die Verbesserung der Nutzung der Gesetze auf freien Zugang zu Informationen von Bund und Ländern als Thema. Im Vorfeld kritisierte der Konferenzleiter, Sachsen-Anhalts Datenschutzbeauftragter Harald von Bose, dass der weitgehend freie Aktenzugang nur selten genutzt wird. Kein Wunder, da ein Recht auf Akteneinsicht das Wissen über entsprechende Akten voraussetzt. Dieses Wissen haben Bürgerinnen und Bürger im Allgemeinen nicht. Hinzu kommt, dass Bürgerinnen und Bürger Akten erst nach einer langwierigen Prüfung der Herausgabe ausgehändigt bekommen. In der Tagespolitik ist es aber nutzlos, wenn man für anstehende Entscheidungen Informationen ein halbes Jahr später bekommt. Daher haben sich die bestehenden Informationsfreiheitsgesetze z.B. für Bürgerinitiativen als unbrauchbar erwiesen.

Zur Überwindung der Zugangsprobleme wurde bereits 2001 im Bundesland Bremen ein Paradigmenwechsel mit einem mutigen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz vorgeschlagen, der Push-Strategie:

  • Generell stellen Behörden sämtliche Informationen frei zugänglich in das Netz. Ausnahmen sind begründungspflichtig.
  • Veröffentlicht werden die Informationen aller Behörden in einem gemeinsamen Verzeichnis mit einer Suchfunktion

Dieser Wechsel vom einzelfallbedingten Heraussuchen hin zu einer Vorab-Veröffentlichung sollte durch eine Option der Weitergabe zur Veröffentlichung in den Dokumentenmanagement-Systemen öffentlicher Stellen sichergestellt werden, die für alle neuen Dokumente die Regel sein sollte. Zudem ist diese Push-Strategie neben der Bürgerfreundlichkeit wesentlich effizienter, da der Arbeitsaufwand für Behörden einzelne Dokumente auszuhändigen entfällt.

Erdacht wurde die Push-Strategie von dem Professor für Angewandte Informatik Herbert Kubicek. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf brachten die Bremer GRÜNEN in die Bürgerschaft ein. Es folgte eine fünf Jährige Auseinandersetzung die immerhin 2006 mit einem Informationsfreiheitsgesetz für das Bundesland Bremen endete. Technisch wurde ein zentraler elekronischer Informationsregister realisiert. Die Push-Strategie wurde allerdings auf Grund der Widerstände seitens SPD und CDU nicht ausreichend gesetzlich verankert. Kubicek schrieb daraufhin:

In Bremen wurde die Chance vertan, ein Informationsfreiheitsgesetz zu verabschieden, das den Namen verdient und Verfahren beinhaltet, die dem Aktuellen Stand der Technik und Organisation entsprechen. Manchmal dauert es etwas länger, bis sich gute Ideen durchsetzen.”

Bleibt zu hoffen, dass auf Grund der Unbrauchbarkeit der bestehenden Informationsfreiheitsgesetze, die heute von den Informationsfreiheitsbeauftragten dahingehend diskutiert werden, sich Kubiceks gute Idee zukünftig durchsetzen wird. Den Gesetzestext hierzu gibt es schon (Mittlerweile sollten die Informationsregister zusätzlich eine API haben):

Dritter Abschnitt
Veröffentlichung öffentlicher Informationen

§ 17 – Allgemeines Veröffentlichungsgebot
(1) Die öffentlichen Stellen sollen die bei ihnen vorhandenen Informationen, an denen ein Interesse in der Bevölkerung erkennbar ist, veröffentlichen, soweit Rechtsgründe nicht entgegenstehen und die Veröffentlichung nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist. § 13 gilt entsprechend.
(2) Die öffentlichen Stellen treffen geeignete organisatorische Vorkehrungen, damit Informationen, deren Veröffentlichung ausgeschlossen ist, von Informationen, die veröffentlicht werden dürfen, abgetrennt werden können.


§ 18 – Beratung durch die bzw. den Landesbeauftragten für den Datenschutz

Der oder die Landesbeauftragte für den Datenschutz berät die öffentlichen Stellen über den Umfang der zu veröffentlichenden Informationen. Ist eine öffentliche Stelle entgegen der Empfehlung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz nicht bereit, eine bestimmte Information zu veröffentlichen, hat sie dies gegenüber der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz innerhalb einer Frist von drei Wochen schriftlich zu begründen.

§ 19 – Veröffentlichungspflichten
(1) Jede öffentliche Stelle hat die von ihr erlassenen Verwaltungsvorschriften zu veröffentlichen.
(2) Durch Rechtsverordnung werden weitere Arten von Informationen ausdrücklich zur Veröffentlichung bestimmt.
(3) In anderen Gesetzen geregelte spezielle Veröffentlichungspflichten sowie Veröffentlichungspflichten, die ihren Grund in besonderen Rechtsverhältnissen haben, bleiben unberührt. (Siehe oben mein Hinweis auf § 17 Berliner IFG; hier wäre systematisch die Möglichkeit der beispielhaften oder abschließenden Benennung einzelner Aktenverzeichnisse und ihrer gesetzlichen Grundlagen.)

§ 20 – Art und Weise der Veröffentlichung
(1) Über die Art und Weise einer Veröffentlichung nach § 17 und § 19 entscheidet die öffentliche Stelle unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften.
(2) Die Informationen nach § 17 und § 19 sind so zu veröffentlichen, dass sie allgemein und möglichst leicht zugänglich sind. Der Zugang zu veröffentlichten Informationen darf kein Antragsverfahren voraussetzen. Die Hilfestellungen seitens der zuständigen öffentlichen Stellen nach § 5 Abs. 2 und § 9 Abs. 3 Satz 2 bleiben davon unberührt.
(3) Die Freie Hansestadt Bremen richtet ein zentrales Informationsregister ein, um das Auffinden der Informationen zu erleichtern. Das Informationsregister muss allgemein und möglichst leicht zugänglich sein. Die öffentlichen Stellen sind verpflichtet, Veröffentlichungen an das Informationsregister zu melden. Einzelheiten werden durch Rechtsverordnung geregelt.
(4) Der Zugang zu den veröffentlichten Informationen und zum Informationsregister ist unentgeltlich, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(5) Soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, sind alle zur Veröffentlichung vorgesehenen Informationen an das Städteinformationssystem bremen.online zu übermitteln, es sei denn, eine Übermittlung der Informationen an eine andere allgemein zugängliche Datenbank ist gesetzlich vorgeschrieben.

§ 21 – Grundsätze für die Erschließung, Aufbereitung und Übermittlung der zu veröffentlichenden Informationen
Die technischen und organisatorischen Grundsätze für die Erschließung, Aufbereitung und Übermittlung der zu veröffentlichenden Informationen werden durch Rechtsverordnung festgelegt.

EMMA-Manipulation: “Alle Datenschützer sind pädophil” soll die herrschende Meinung werden

EMMA hat einen Artikel über uns geschrieben. EMMA ist diesem Artikel zufolge bekannt, dass Stoppschilder kein adäquates Mittel zur Bekämpfung der “Kinderpornografie” sind. EMMA beschreibt selber die Möglichkeit Inhalte mit sexueller Gewalt gegen Kinder  zu löschen. Das ist der von uns vorgeschlagene Weg “Kinderpornografie” nachhaltig aus dem Netz zu entfernen. Dank erwartet keiner dafür – wir kämpfen schließlich für unser (aller) Internet, für ein demokratiefähiges Internet. Aber das uns EMMA “zum Dank” unterschwellig entgegen schleudert “ihr seit alle pädophil!” ist mehr als unverschämt. Aber EMMA belässt es nicht dabei, sie diskreditiert pauschal den Datenschutz, sie greift die Stellerin der erfolgreichsten Petition aller Zeiten, Franziska Heine, persönlich an. Damit auch ihre Nachbarn bescheid wissen, gleich mit Nennung ihres Geburtsortes im fett-gedruckten Vorspann. Alle, so zündelt EMMA in der öffentlichen Wahrnehmung, sind lediglich Unterstützer der “Händler und Freunde von Kinderpornografie”.

EMMA verbreiten dabei ihre Lügen nicht etwa aus Unwissenheit, aus Dummheit. Nein, EMMA versucht bewusst die Öffentlichkeit zu manipulieren. Aus dem Artikel geht hervor, dass EMMA unsere und Zensursulas Aussagen genau kennt. EMMA dürfte also die Schmutzkampagne, die uns als Vergewaltigter von Kindern stigmatisiert, bekannt sein. Zur Erinnerung, Zensursula setzte hierzu den Startschuss:

Das sind die 20 Prozent [alle die sich der Zensur entziehen wollen, also wir]. Die sind zum Teil schwer Pädokriminelle. Die bewegen sich in ganz anderen Foren. Die sind versierte Internetnutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in diesem widerwärtigen Geschäft.

Auf diese Schmutzkampagne springt EMMA bereits im Titel und Vorspann auf:

Meinungsfreiheit für Kinderpornos?

Lassen Datenschützer und Internet-Freaks sich vor den Karren der Händler und Freunde von Kinderpornografie spannen? Diese Frage muss sich nicht nur Franziska Heine aus Schwerin stellen.

Im Vorspann lassen wir uns noch nur “vor den Karren spannen”. Eine aktive Rolle spielen wir also nicht dabei sondern sind nur dumme Trottel. Mehr suggeriert die Überschrift. Es sind nur Fragen.

Es folgt eine Zusammenfassung unserer Position und Aktivitäten. Sicherlich nur ein Tippfehler: Nicht 100000 sondern mehr als 134000 Mitzeichner hatte die Online-Petition. Insbesondere wird ausführlich beschrieben, warum wir die geplanten Sperrungen der Seiten im Kampf gegen Kinderpornografie für uneffektiv, ja sogar kontraproduktiv halten. Unsere Alternative, die Seiten nicht zu verdecken, sondern zu löschen, fehlt nicht. Selbst die Aktion mit der CareChild demonstrierte, dass ein Löschen tatsächlich möglich ist, wird beschrieben. EMMA sendet an die Leserinnen und Leser das Signal: Wie ihr, kennen auch wir alle Argumente der Zensur-Gegner – wir haben verstanden.

EMMAs Darstellung der Löschen-Strategie ist allerdings lückenhaft:

Nach wenigen Tagen hatten die Provider 16 der 20 fraglichen Server abgeschaltet.

Es fehlt der Hinweis, warum 4 Seiten nicht gelöscht wurden. Klappt also nicht immer, suggeriert EMMA (Bei drei Seiten kam die Rückmeldung, dass es sich nicht um Kinderpornografie handelt. Die 20 Seiten wurden zuvor nicht von Menschen auf kinderpornographische Inhalte geprüft. Nur bei einer Seite gab es keine Rückmeldung – CareChild hat es dabei belassen, eine Strafverfolgungsbehörde hätte dies sicherlich nicht gemacht). Die Löschaktion des AK Zensurs, sozusagen die Löschaktion der “Internet-Community”, wird nicht erwähnt. Dass es sich dabei nur um Demonstrationen handelt, dass eine Löschung von Seiten in allen Ländern innerhalb von wenigen Stunden, wie es bei Banken bzgl. Pishingseiten bereits Praxis ist, freilich eine komplexe Angelegenheit sein kann, wird ebenso verschwiegen.

Schließlich holt der Artikel Zensursula stützend zum großen aber aus:

Selbstverständlich sei das Access Blocking nur Teil eines Gesamtplans, erwidert Ministerin von der Leyen. [...] [Der] unverzichtbare Punkt bleibt: Web-Seiten zu blocken.“   Das macht in der Tat zum Beispiel dann Sinn, wenn der Server, auf dem die Seite liegt, im Ausland steht, so dass Bürokratie oder fehlende Rechtshilfe abkommen das Abschalten erheblich schwieriger machen.” [...]

Eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen [...].

[Auf das Provider-Bashing im Artikel und warum es Bockmist ist, Providern Verantwortung für irgendwelche Inhalte im Netz unterzujubeln, wird hier nicht eingegangen. Das ist ein anderes Thema]

Es wird nicht mehr angezweifelt, dass illegale Seiten irgendwo auf dieser Welt nicht gelöscht werden können. Die “Notice&Takedown” Strategie der Banken ist denen also bekannt. Doch darüber wird hinweg gegangen. Also über genau das, was nach unserer Meinung bei der Bekämpfung von “Kinderpornografie” angegangen werden muss. Meinen Klischees zufolge hätte ich an dieser Stelle von EMMA erwartet, dass sie mit der Unfassbarkeit abrechnet, dass eine bestens funktionierende Löschung von illegalen Inhalten im Netz nur in kommerziellen Bereichen stattfindet. Nicht aber für Kinder, weil Kinder  keine Eingriffsmöglichkeiten haben, keine Machthebel besitzen. Aber nein, EMMA stellt uns an den Pranger:

“Strafverfolgung im Netz? Will ich nicht”, schreibt ein User.

Mag sein, dass irgendwer so einen unüberlegten Quatsch von sich gibt. Aber uns geht es um eine verfassungskonforme und effektive Verfolgung von “Kinderpornografie” – kann man überall nachlesen. Das war aber nur ein einleitender Satz, es folgt eine zynische Verballhornung einiger unserer Kritikpunkte an der geplanten Zensurinfrastruktur und des Datenschutzes:

Wer einmal anfängt, Inhalte im Netz zu blockieren, so die Schreckensvision, der schrecke bald auch nicht mehr vor der Sperrung illegaler Musikdownloads oder Glücksspielseiten zurück. Dass Ursula von der Leyen unablässig versichert, dass sie all das “überhaupt nicht interessiert” und für die Sperrung weiterer Inhalte ein ganz neues Gesetzgebungsverfahren eingeleitet werden müsste, interessiert wiederum die Datenschützer nicht. Sie sorgen sich stattdessen um User, die “aus Versehen” auf eine gesperrte Kinderporno-Seite gelangen und deren IP-Adresse, also die Kennung ihres Computers, dabei gespeichert werden könnte.

… und so weiter und so fort. Natürlich darf auch nicht fehlen:

Seit Wochen ist die Ministerin gezwungen, wieder und wieder zwei Selbstverständlichkeiten auszusprechen. Erstens: Das Internet ist eben kein rechtsfreier Raum. Zweitens: Datenschutz darf nicht länger Täterschutz sein.

Das sind die Argumente Zensursulas für eine Sperrung. Natürlich muss eine Ministerin ihr Vorhaben in einer Demokratie begründen und ihre Begründungen sind falsch: Das Internet ist kein Raum. Im Internet gelten selbstverständlich alle Gesetze. Deshalb ist das Internet nicht frei von Bürgerrechten. Mit der Lösch-Strategie gibt es keine Datenschutz-Probleme und Zensurvorwürfe. Auch benötigt das BKA mehr Personal und Know-how zur Durchführung der Lösch-Strategie. Diese Selbstverständlichkeiten bloggen wir gerne wieder und wieder.

EMMA belässt es aber nicht nicht bei den üblichen plumpen Vorwürfen:

“Handeln statt Sperren!” fordert auch der “Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur”. Handeln sollen aber offenbar die anderen. Zwar hackten die Internet-Cracks inzwischen die Seite der Deutschen Kinderhilfe und platzierten dort eine “Todesanzeige für die Meinungsfreiheit”. Auf CCC-Mitglieder, die ihre Computerkenntnisse nutzen, um Anbietern von Kinderpornos das Handwerk zu legen, wartet man dagegen vergebens.

Geschickt eine von allen gescholtene Aktion eines Einzelnen dem AK-Zensur und CCC unterstellend, findet an dieser Stelle die Manipulation seitens EMMA statt: Nicht zu übersehen ist auf der Website des AK-Zensurs deren Löschaktion. Wir erinnern uns, dass nicht diese Aktion sondern nur halbwegs die Lösch-Aktion von CareChild zuvor im Artikel beschrieben wurde. Jetzt weiß man warum, damit EMMA uns diesen Vorwurf machen kann. Aber das eingemachte kommt noch. Zuvor muss EMMA aber ihren Vorwurf zu einem schweren ausbauen, der nicht belächelt werden darf:

“Nun könnte man die lärmende Ablehnung jeder staatlichen Regulierung und Rechtsdurchsetzung vielleicht sogar als romantische Utopie belächeln, wenn die Ideologen der Freiheit gelegentlich einmal selbst einen Gedanken darauf verwenden würden, wie sich der Missbrauch des Mediums eindämmen ließe”, schreibt Heinrich Wefing in der Zeit.

“Wir vermissen die Unterstützung der Internet-Community, die uns sagt, wie wir dem wachsenden Problem der Kinderpornografie im Internet Herr werden können. Diese Stimmen sind bisher kaum zu hören”, bedauert auch die handelnde Ministerin.

EMMA erweckt damit den Eindruck, dass sich nur eine kleine Minderheit von uns um die Bekämpfung von “Kinderpornografie” schert. Zentrale Botschaft, die in den Köpfen der Leserinnen und Leser hängen bleiben soll, ist “eigentlich gar keiner”. Es folgen zwei Fragen:

Dürfen wir demnächst mit einer Petition von Franziska Heine, der “Jeanne d’Arc des Internets”, für eine Aufstockung der  finanziellen und personellen Mittel des BKA zur Verfolgung von Kinderpornografie rechnen? Und wie viele UnterzeichnerInnen würde diese Petition wohl finden?

Ob Franziska Heine persönlich und ob alle Gegner der Sperr-Strategie die Verbreitung von Kinderpornografie im Netz verhindern wollen stellt EMMA damit komplett in Frage. Mit einem Heinrich Wefing Zitat hat EMMA sich diese Frage zuvor dahingehend beantworten lassen, dass wir keinen Gedanken darauf verwenden . Die beiden Fragen sind also zwei rhetorische. Der Artikel endet an dieser Stelle. Ob wir uns vor den Karren der Händler und Freunde von Kinderpornografie spannen lassen ist damit ebenfalls positiv beantwortet, sowie die Überschrift “Meinungsfreiheit für Kinderpornos?” Laut EMMA halten wir also die Meinungsfreiheit für Kinderpornos hoch. Geschickt als Fragen formuliert, damit die Rechtsabteilung zufrieden ist. Verknüpft mit der von Zensursula losgetretene Schmutzkampagne ist es eindeutig, was  EMMA mit dieser ungeheuerlichen Aussage bezweckt.  Es soll der Eindruck entstehen, dass alle Datenschützer, alle Gegner der Sperr-Strategie, Kinder vergewaltigen.

Zensi, Zensa, Zensursula

… und ein klasse Link:  Freiheit ist es wert, niemals zu resignieren

“Killerspiele” sperren!

Der Beschluß des Bundestages das “Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet” war gerade einmal einige Stunden alt, da kam Thomas Strobl (CDU) bereits mit der ersten Fordrung nach Ausweitungen. Neu ist das nicht, hatte er ähnliches doch im Vorfeld schon verlauten lassen. Ganz klar ist mir nicht, was er damit meint, wenn er eine “Sperrung von Killerspielen” fordert, wie im Kölner Stadtanzeiger nachzulesen ist.

Gemeinhin ist unter dem Stichwort “Killerspiel” von Spielen wie “CounterStrike” oder DOOM 3 die Rede. Bei diesen Spielen handelt es sich um eigenständige Programme, DOOM und auch Spiele wie “Grand Theft Auto” , sind gar keine Online-Spiele. Sie werden nicht über ein Netzwerk gespielt, es gibt folglich nichts zu sperren. Auch CounterStrike Spieler spielen meist in LANs oder über Dedicated Server, die privat betrieben werden, und nur Mitgliedern des eigenen Clans zugänglich sind. Nur: Zu sperren gibt es auch hier nichts.

Es gibt also zwei Möglichkeiten:

1. Herr Stobl hat so wenig Ahnung von Computertechnik, daß er den Unterschied zwischen einem Spielprogramm und einem Webserver nicht kennt.

2. Herr Strobl meint in Wirklichkeit, daß er alle Webseiten sperren möchte, die sich in irgendeiner Weise mit “Killerspielen” beschäftigen; also Clanhomepages ebenso wie Spieletests, oder politische Blogs, die sich kritisch mit der Thematik auseinandersetzen.

In Anlehnung an Josef Joffe unterstelle ich zu Herrn Strobls Gunsten mal Ersteres.

Versuche nie durch Konspiration zu erklären, was auf Chaos oder Inkompetenz zurückgeführt werden muss.

Der letzte Tag

Anke Gröner hat in ihrem Blog einen Kommentar zu den Internetsperren geschrieben, der mir gerade aus dem Herzen spricht.

Heute wird der letzte Tag sein, an dem ich an die freiheitliche Grundordnung, mit der ich aufgewachsen bin, glauben kann. Und es gibt weniges, was mich so sehr erschreckt wie dieser Gedanke.

Das  spiegelt sicher die Gedanken und Gefühle der gesamten “Online-Generation” wieder. Meine auf jeden Fall.

Hackerparagraph zahnlos?

Im der ganzen Aufregung um die Internetsperren ist etwas untergegangen, daß das Bundesverfassungsgericht gestern über die Verfassungsbeschwerden mehrerer Bürger entschieden, die sich durch den sog. “Hackerparagraphen” (§202c StGB) in ihren Grundrechten verletzt sahen. Das Gericht hat die Klagen nun als unbegründet zurückgewiesen. Heißt das nun, wir dürfen ab jetzt nicht mehr andere Rechner pingen, einen Portscan machen, um zu checken, ob alle Türchen auch wirklich zu sind? Mitnichten: Das Bundesverfassungsgericht hält zunächst in der Begründung fest:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt
die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein
Gesetz voraus, dass der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und
unmittelbar durch die angegriffenen Rechtsnormen in seinen Grundrechten
betroffen ist. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn der Beschwerdeführer
zunächst das Risiko eines Bußgeld- oder Strafverfahrens eingehen müsste,
um Rechtsschutz vor den Fachgerichten erwirken zu können. Auf der
Grundlage des Vorbringens der Beschwerdeführer lässt sich aber nicht
feststellen, dass die von ihnen beschriebenen Tätigkeitsfelder von §
202c Abs. 1 StGB erfasst werden. Das Risiko strafrechtlicher Verfolgung
ist mithin nicht gegeben.

Die Klage wurde also nicht als unbegründet abgewiesen, weil das Gesetz so toll ist, sondern weil die Kläger nicht darlegen konnten, daß das Gesetz sie unmittelbar in ihren  Grundrechten einschränkt. Nach der Rechtssprechung des des BVG wäre dies dann der Fall,wenn den Klägern kein Rechtsweg offenstünde ohne dabei Strafverfolgung befürchten zu müssen.

Richitg interessant wird es aber erst, wenn man weiterliest.

Die von den Beschwerdeführern eingesetzten Programme sind überwiegend
keine tauglichen Tatobjekte der Strafvorschrift in den Grenzen ihrer
verfassungsrechtlich zulässigen Auslegung. Tatobjekt in diesem Sinn kann
nur ein Programm sein, dessen Zweck auf die Begehung einer Straftat nach
§ 202a StGB (Ausspähen von Daten) oder § 202b StGB (Abfangen von Daten)
gerichtet ist. Das Programm muss mit der Absicht entwickelt oder
modifiziert worden sein, es zur Ausspähung oder zum Abfangen von Daten
einzusetzen. Außerdem muss sich diese Absicht objektiv manifestiert
haben. Es reicht schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht aus, dass
ein Programm – wie das für das so genannte dual use tools gilt – für die
Begehung der genannten Computerstraftaten lediglich geeignet oder auch
besonders geeignet ist.

Hier interpretiert das Bundesverfassungsgericht die Rechtsnorm, und setzt dabei gleichzeitig den Auslegungsspielraum für die Gerichte, die sich künfig mit dem Gesetz befassen müssen; und zieht dem Gesetz gleichsam alle Zähne: Die von den Klägern genutzten Tools sind allesamt gemäß dieser Auslegung keine “Hackertools”, denn als solche gelten nur Programme die erkennbar nur zu diesem Zweck geschaffen wurden, also nur dedizierte Schadprogramme. Darüber hinaus muß, damit es für eine Anklage reicht, dem Nutzer des Programms auch nachgewiesen sein, daß er wirklich eine Straftat damit begehen wollte. Auch wenn es um die Weitergabe geht, ist diese nur stafbar, wenn bewiesen ist, daß der Weitergebende um die kriminellen Pläne des Empfängers wußte.

Damit ist das Gesetz zwar nicht verfassungswidrig, aber letztlich nutzlos. Wenn man einen Täter in-flagranti bei einer andern Straftat erwischen muß, um §202c überhaupt nachweisen zu können, kann man auf dieses unütze Gesetz auch gleich ganz verzichten.

Offene E-Mail an Marieluise Beck

Hallo Marieluise,
es ist mehr als naiv das Sperren von Internetseiten als Mittel gegen Vergewaltigung von Kindern sowie Darstellungen dieser Gewalt einzusetzen. Auf allen gängigen Betriebssystemen ist mit wenigen Klicks ein anderer DNS-Server eingestellt, der die richtige IP-Adresse einer Domain und nicht die einer Stoppseite zurück liefert. Aktuell zeigen die iranischen Internetnutzer, dass selbst zur Umgehung von weiterführenden Zensurtechniken kein Fachwissen nötig ist.

Sicherlich ist dir die Alternative “Löschen statt Sperren” bekannt, die auf einen seit langen bestehenden Regulierungsmechanismus des Internets, den Abuse-Mail-Adressen, abzielt: Mit ihnen werden die Administratoren der Hosting-Provider kontaktiert die daraufhin illegale Inhalte löschen (”Notice & Takedown”). Banken zeigen seit langen die Verlässlichkeit dieses Mechanismus durch das Löschen von Pishingseiten innerhalb von durchschnittlich vier Stunden – egal in welchem Land die Server stehen. Leider ist beim Löschen von Inhalten mit sexueller Gewalt gegen Kinder im Internet dieses Tempo nicht üblich. Grund dafür ist die mangelhafte internationale Kooperation der Strafverfolgungsbehörden oder wie die kleine Anfrage der FDP zeigt, dass z.B. in Deutschland das BKA von dem Abuse-Mail-System keinen Gebrauch macht. Hier könnte Politik im Einklang mit der vorhanden Struktur des Internets gegen die besagten Seiten vorgehen. Obendrein nachhaltig, weil die Darstellungen für niemanden nach einer Löschung mehr sichtbar sind. Der Gesetzesentwurf der Großen Koalition beinhaltet mittlerweile die “Löschen statt Sperren” Strategie. Allerdings ohne diesen Punkt zu konkretisieren. Es bleibt offen wie eine Löschung vorrangig erfolgen soll. Bestenfalls handelt es sich hierbei nach wie vor um – in Anbetracht des Themas – entsetzliches Wahlkampfgetöse. Schlimmstenfalls ist es die erste zaghafte Implementierung einer nationalen Zensurinfrastruktur im Internet.

Dass du einer ineffizienten Verfolgung von Darstellungen sexueller Gewalt – trotz der von allen Experten als zielführend bezeichneten Alternative – lediglich neutral gegenüber stehst, erschließt sich uns nicht. Offensichtlich hast du hier eine andere Sichtweise auf die Thematik als wir. Mit dieser Thematik beschäftige wir uns aber auch nicht, sondern mit Technik und deren Auswirkung auf die Gesellschaft, so dass in diesem Bereich unsere Hauptkritik liegt.

Selbst Peter Schaar befürchtet, dass die Sperrmechanismen zukünftig anderweitig eingesetzt werden. In anderen Ländern ist das bereits der Fall, so versucht seit langem vergeblich in Finnland ein Aktivist gegen die dortige Zensur, dass seine Website, die fälschlicherweise als “Kinderpornografie” eingestuft wurde, aus der nationalen Sperrliste gelöscht wird. Hinsichtlich der technisch bedingten Nachhaltigkeit unserer Demokratie ist das nicht als bedauerlicher Einzelfall anzusehen. Der Politologe Ralf Bendrath ergänzte hierzu Karl Popper durch die Frage: “Wie können wir unsere technischen Infrastrukturen so aufbauen, dass unfähige und unredliche Machthaber damit keinen großen Schaden anrichten können?” Das Gesetzt berücksichtigt diese Frage nicht, ganz im Gegenteil: Erstmalig wird in der BRD eine institutionelle Inhaltskontrolle auf Basis geheimer Sperrlisten eingeführt. Das entspricht der Definition von Zensur. Öffentliche Kontrolle oder Diskussionen über die Inhalte der Sperrliste sind von vornherein ausgeschlossen. Hier geht es frontal gegen die Demokratiefähigkeit der zukünftigen Internetgesellschaft.

Dass du dieser gravierenden Veränderung in den Neuen Medien neutral gegenüberstehst, können wir erst recht nicht nachvollziehen. Das hat uns veranlasst dir diese offene E-Mail zu schreiben. Offen weil sich viele fragen, warum sich ausgerechnet teils grüne Abgeordnetinnen und Abgeordnete bei der Abstimmung enthalten haben. Deine Antwort, vorausgesetzt du stimmst dem zu, würden wir daher gerne auf evildaystar.de posten. Dort kannst du auch eine erste Frustreaktion, dass jegliche Motivation für den Bundestagswahlkampf abhanden gekommen ist, nachlesen. U.a. auf Grund der GRÜNEN Kulturflatrate sind wir zu sehr davon ausgegangen, dass bei uns GRÜNEN ein gutes Verständnis der Neuen Medien verankert ist. Mit dieser Mail als ersten Schritt, werden wir uns also vorerst in innerparteiliche Debatten anstatt Wahlkampf einmischen.

Liebe Grüße
Daniel und Jan

› Antwort von Marieluise auf die offene E-Mail

Termine für Bremen

GRÜNE Bremen:

  • ‘Datenschutz online und offline?’ Am Freitag, 19. Juni 2009 um 19.30 Uhr, Altes Fundamt, Auf der Kuhlen 1a,mit Peter Schaar, Datenschutzbeauftragter der Bundesregierung, Imke Sommer, Datenschutzbeauftragte des Landes Bremen und Marie-Luise Beck, Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

CCC Bremen in Aktion:

  • Der Chaos Computer Club Bremen e.V. (CCC Bremen) ruft für Samstag, 20. Juni 2009 zu einer Demonstration gegen Internetsperren auf. Treffpunkt ist um 12:00 Uhr am Ziegenmarkt im Viertel (vor Extra/Rewe, Haltestellen (2, 3, 10) Sielwall oder Brunnenstraße).
  • 23.06.2009: Technologie, Überwachung und Privatheit im historischen Wandel (Ralf Bendrath)
  • 30.06.2009: Internetzensur (Florian Walther)
  • 14.07.2009: Neusprech im Überwachungsstaat (Martin Haase)
  • 28.07.2009: Workshop: Browser absichern (Jali)
  • 11.08.2009: Workshop: Anonymisierung mit Tor (Henning)
  • 25.08.2009: Workshop: EMail Verschlüsselung mit Freier Software (Crest)
  • 08.09.2009: Workshop: Digitale Forensik und Gegenmaßnahmen (Romal)

Das Internet ist kein bürgerrechtsfreier Raum!

Internet-Sperrmüll heute von CDU und SPD beschlossen. Die SPD beschließt damit erstmalig seit 1949 eine Infrastruktur mit, bei der auf Basis einer geheimen Liste einer Polizeibehörde Inhalte zensiert werden. Unter dem Motto “Schwarz, schändlich, rechts: Netzsperren” hält Julia Seelinger diese Politik für vergleichbar mit der Politik von Ultrarechten. Ein schwarzer Tag für das Internet ist es allemal.

… da ja alle die Piraten hochjubeln: Digital ist besser! (pdf)

Update: Finde das Wahlprogramm nach wie vor klasse, bin Mitglied bei den Bremer Grünen, Sitze für sie im Stadtteilbeirat, aber jetzt kommt der Hammer: 33 grüne Abgeordnete (64,71 %) haben dagegen gestimmt und 15 (29,41 %) haben sich enthalten. Auch die Bremer Abgeordnete Marieluise Beck hat sich enthalten. Das ist deren gutes Recht, der nicht vorhandene Fraktionszwang ist sympathisch aber ihren Wahlkampf können sie alleine machen

Update2: … ausführliche Begründung folgt. Offene E-Mail an Marieluise Beck geschrieben. Und die Mehrheit der grünen Abgeordnetinnen und Abgeordneten sind alles andere als neutral beim Thema Zensur: